Das Landratsamt Oberallgäu hatte am 11. September 2024 erneut eine generelle Abschussgenehmigung für geschützte Biber in einem großen Einzugsbereich des Landkreises erlassen. Nach dieser Allgemeinverfügung wäre nicht mal erforderlich gewesen, überhaupt zu prüfen, ob Schäden oder Gefährdungen durch die Biberaktivität auftreten.
Gegen eine gleichlautende Allgemeinverfügung hatte der Bund Naturschutz in Bayern (BN) bereits geklagt und mit seiner Klage auch Recht bekommen. Der vom Landratsamt angeordnete Sofortvollzug, so der BN, wurde vom Gericht aufgrund formaler Gründe in einer Eilentscheidung außer Kraft gesetzt. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht nämlich beim Erlass von artenschutzrechtlichen Allgemeinverfügungen eine Beteiligungspflicht der anerkannten Naturschutzverbände vor. Diese Beteiligung hatte das Landratsamt unter den Tisch fallen lassen.
Nun holt das Landratsamt holt diese vorgeschriebene öffentliche Beteiligung nach. Die naturschutzfachlich bedenklichen Regelungen blieben aber auch in der nun ausgelegten Fassung bestehen.
Auch Wildes Bayern wurde zu einer Stellungnahme aufgefordert und weist auf einen besonders wichtigen Aspekt hin, der bisher noch keine Erwähnung fand: „Die Zeit zwischen 1. September und 15. März, in der die Biber laut der Allgemeinverfügung entnommen werden dürfen, fällt in die Führungszeit abhängiger Jungtiere“, so Vorsitzende und Wildbiologin Dr. Christine Miller. „Wir sehen hier neben den formalen und inhaltlichen Fehlern beim Artenschutz also auch noch einen eklatanten Widerspruch zu den Vorschriften des Tierschutzgesetzes.“
Immer wieder werden verwaiste Jungtiere in Wildtier-Auffangstationen gebracht, die nach der Entnahme von Elterntieren nicht überlebensfähig sind. Biber werden im Frühjahr eines Jahres geboren und sind bis etwa zum zweiten Lebensjahr von der Fürsorge in einem intakten Familienverband abhängig. Die beiden Elterntiere versorgen nach der Säugezeit gemeinschaftlich die Jungen, teilweise helfen auch ältere Geschwister mit.
Neben diesem möglichen Verstoß sehen die Naturschutzverbände aber noch andere Pferdefüße an der Allgemeinverfügung: So gibt es kein Monitoring der Biber im Landkreis Oberallgäu – es ist also auch keine Aussage möglich, in welchem Zustand sich die Population befindet. Vorgeschrieben ist laut FFH-Richtlinie ein „günstiger Erhaltungszustand“. Den muss das Landratsamt erstmal nachweisen und auch überwachen, bevor Eingriffe möglich sind. Und auch bei der Zahl der zu entnehmenden Biber hat das Landratsamt keine Grenzen gesetzt. Ein klarer Verstoß gegen die Regeln des Naturschutzgesetzes, findet Wildes Bayern.
Außerdem sind Biberentnahmen nur dort rechtlich möglich, wo es tatsächlich Schäden und/oder Konflikte mit der Landnutzung oder Infrastruktur gibt. Die Allgemeinverfügung des Landratsamts Oberallgäu trägt dem keine Rechnung.
Mehr Informationen zur Klage des Bund Naturschutz findet Ihr hier
Zur Info: Unser Aufmacherbild ist ein Symbolbild und zeigt einen kanadischen Biber, keinen europäischen. Die Unterarten sind allerdings äußerlich optisch kaum zu unterscheiden.
Bericht aus dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt über den Konflikt hier
Bildquelle: Kid Moses/Pixabay
Sieh an, sieh an: Wieder einmal wollte offensichtlich die Allgäuer Landrätin Indra Baier-Müller den Bauern gefällig sein, indem sie eine Abschussgenehmigung für die von den Bauern gehassten Biber erteilt hat. Denn die gnadenlose Zerstörung des Rappenalpbachs durch profitgierige Bauern hatte ihr Amt ja auch schon ermöglicht. Dadurch gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass Deutschland nicht von der Politik, sondern von der Agrarlobby regiert wird. Grosser Dank an Wildes Bayern, aber auch an den BN, dass er die gnadenlose Jagd auf die für die Biodiversität, aber auch den Hochwasserschutz, so wichtigen Biber verhindert hat.