Es sind Sommerferien, und unsere bayerischen Voralpenseen bersten vor Badegästen. Was sagen wir – Badegäste sind das schon lange nicht mehr, sie schwimmen viel weniger als dass sie paddeln, surfen, kiten, SUPen oder – der jüngste Schrei – “foilen”. Es scheint, als bringe jeder Wasserfan heutzutage sein eigenes Gerät mit, und je schneller, höher, geiler es über den See fetzt, desto cooler der “Hecht”, der drauf steht. Die ganzen Geräte brauchen natürlich Platz, und weil man sich beim Wassersportln dann gegenseitig in die Quere kommt, braucht bald auch jeder seinen eigenen Zugang zum See. Schilfzonen sind dabei ungefähr so beliebt wie Unkraut im Salatbeet – auf die Idee, dass sie Lebensräume sind und vielleicht der letzte Rückzugsraum der eigentlichen Seebewohner vom Frosch bis zum Schwan, darauf kommen viele Sportler wohl gar nicht.
Was bedeutet das für unsere Wasserfauna? Ein Alarmruf kam jüngst vom Koordinator der Wasservogelzählungen im Auftrag des Landesamtes für Umwelt und des Landesbund für Vogelschutz, Kreisgruppe Miesbach. “Unsere jahrelangen, neutralen Beobachtungen im Rahmen der Internationalen Wasservogelzählung…[zeigen], dass sich seit 2008 die Zahl der über das Jahr im Tegernsee vorkommen Wasservögel halbiert hat und kontinuierlich abnimmt”, beschreibt Wolfgang Hiller. Aus seiner Sicht sind die Wassersportler auf dem langen, aber schmalen Tegernsee ein riesen Problem: “Die eventartigen Massenveranstaltungen finden mehrmals im Sommer, vor allem im südlichen und westlichen Bereich des Tegernsees statt. Hier halten sich bei Ruhe zwei Drittel der Wasservögel auf. Bei entsprechenden Windverhältnissen werden diese durch Kiter und Windfoiler mit ihren leuchtenden Segeln, deren Schatten über die Ruhezonen reichen, und den nun sehr hohen Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h, die durch die neu angebotenen Wasserportgeräte erreicht werden, auch im Norden massiv gestört.”
Diese neue Entwicklung bei Wassersportgeräten sind sogenannte Foil-Boards – siehe hier. Das sind Boards, die sich bei Erreichen einer Mindestgeschwindigkeit aus dem Wasser heben und dann nur auf einer kleinen Tragfläche buchstäblich durchs Wasser schneiden. Die messerscharfen Tragflächen könne nicht nur bei Fisch und Vogel, sondern auch bei Schwimmern ernsthafte Verletzungen hervorrufen. Wird das Board von einem Segel oder “Drachen” (Kite) beschleunigt, spricht man von einem Wingfoil, paddelt der Sportler, handelt es sich um ein SUP-Foil. Und wer es etwas weniger anstrengend, aber mindestens so schnell haben möchte, nutzt einen Elektroantrieb unter dem Brett. Das sind dann sogenannte eFoils oder Jetboards. “Wer will schon mit 40 und mehr km/h von einem scharfkantigem Unterwasserflügel mit Propeller umgefahren werden? Da kann man ja auch Haifische einsetzen …” so ein besorgter Schwimmer und Naturfreund.
Auch die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal erhebt mahnend ihre Stimme zum Thema Jetboards und E-Foils und hat die Behörde zum Handeln aufgefordert. “Es ist vorauszusehen, dass dies genauso eine Konsumwelle geben wird wie bei den E-Bikes”, meint ein Naturfreund – nicht ohne Grund, denn eine erste Segelschule am Tegernsee bewirbt das Foiling bereits massiv. Während Jetboards nur auf extra ausgewiesenen Flächen erlaubt sind, und die E-Foils auch eine eigene Genehmigung brauchen, sind es auch die bisher erlaubten Windfoils, die ebenso schnell über die Wasserobfläche flitzen und Wasservögel aufscheuchen, die keinerlei Zeit haben, sich zurückzuziehen. Diese Sportgeräte fallen genauso durchs Raster wie auf Gebirgswegen die schnellen E-Bikes. Obwohl diese eigentlich nichts anderes sind als leisere Mopeds ohne Verbrennermotor (und mit ausgelagerten Emissionen), sind E-Bikes erlaubt, wo Mopeds verboten sind. Wir sind der Meinung, dass schnelle E-Fahrzeuge, ob am Berg oder im Wasser nichts zu suchen haben. Sie gehen voll zu Lasten der Tierwelt, weil sie relativ leise und einfach viel zu schnell sind.
Die Entwicklung bei den Windfoils ist von vielen Naturschutzverbänden verschlafen worden. Aber Handeln ist dringend geboten! Wildes Bayern wird zusammen mit Partnerverbänden auf eine Änderung des erlaubten Gemeingebrauchs auf kleinen Seen wie dem Tegernsee drängen.
Bildquelle: Sailingcenter.de/Wildes Bayern