Auch in Vorarlberg hat ein Gericht der Gams jetzt ihre Schonzeit zurückgegeben: Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat am 30.12. alle so genannten Freihaltungs-Bescheide für den Bezirk Bludenz aufgehoben, nach denen das Gamswild dort ganzjährig und schrankenlos verfolgt werden darf.
Damit ist das Gericht in allen Fällen der Beschwerde von Wildes Bayern gefolgt, das in den Freihaltungen einen Verstoß gegen EU-Naturschutzvorgaben sieht. Schließlich steht die Gams als Art von gemeinschaftlicher Bedeutung in Anhang V der so genannten FFH-Richtlinie. Somit darf sie zwar bejagt werden, aber nur, wenn zuvor ermittelt wurde, dass sich die Population in einem günstigen Erhaltungszustand befindet und sichergestellt ist, dass sich dieser Zustand durch die Bejagung auch nicht verschlechtert.
Beide Punkte hatte die Bezirkshauptmannschaft Bludenz, genauso wie die anderen Bezirke in Vorarlberg, bei ihren Bescheiden aber weder geprüft noch berücksichtigt. Stattdessen hat sie pauschal mit der Vermeidung von Wildschäden argumentiert und im August 2024 die ganzjährigen Freihaltungen bis zum Jahr 2031 angeordnet.
Aber die Argumentation stand auf tönernen Füßen. Wildes Bayern ging exemplarisch gegen alle gültigen Bescheide im Bezirk Bludenz vor. Das Verwaltungsgericht schreibt in seiner Begründung vom „Fehlen notwendiger Sachverhaltsermittlungen in zentralen Punkten“. Die betreffende Behörde habe die unionsrechtlichen Bestimmungen offenbar nicht berücksichtigt.
Jetzt sieht sich die Bezirkshauptmannschaft Bludenz mit der Hausaufgabe versehen, festzustellen, ob ein günstiger oder ungünstiger Erhaltungszustand der Gamswildbestände vorliegt, welche Auswirkungen die Freihaltung auf die noch verbleibenden Gamswildbestände hat und ob bzw. in welchem Ausmaß das Gamswild überhaupt für die in der Begründung angeführten Verbissschäden verantwortlich ist.
Man könnte also sagen: Eine glatte „Sechs“ und Nachsitzen!
Auch wenn der Beschluss erstmal nur die von uns beklagten Bescheide im Bezirk Bludenz betrifft, hat er landesweite Bedeutung: Die Bescheide der anderen Bezirkshauptmannschaften sind aus den gleichen Gründen nicht gesetzeskonform und deshalb illegal und anfechtbar.
Die ganze Angelegenheit könnte aber noch weitere Nachspiele haben. Denn wie wir erfahren haben, wurde die Information, dass die Freihaltungen aufgehoben sind und die Gams jetzt also nicht mehr gejagt werden darf, erst nach einer Woche an die betroffenen Reviere kommuniziert wurde. Der eine oder andere könnte also illegal eine erlegt haben – wer trägt dafür die Verantwortung?
Bildquelle: (c)Wildes_Bayern_Moni_Baudrexl_Gamskitz_