Blogpost
Mittwoch, 24. Mai 2023

24. Mai 2023, 12:04    office@wildes-bayern.de

Skurril, suspekt, Auerhuhnmonitoring


Ein uns völlig verblüffender Presseartikel ist am 23. Mai in der Tegernseer Zeitung erschienen: „Dem Auerhuhn gutes Lebensumfeld bieten“. Er berichtet von der Vorstellung eines neuen Auerhuhnmonitorings, betrieben von der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) zusammen mit den Naturschutzverbänden LBV und BN sowie der Staatsforstverwaltung.

Fast sämtliche Spitzenvertreter der beteiligten Institutionen und Verbände waren dabei. Sogar der BaySF-Finanzchef ist offenbar extra aus Regensburg angereist, um sich die – absolut deprimierenden – allerersten Zwischenergebnisse anzuhören, die im letzten Sommer und Herbst zusammengetragen wurden. Mal kurz zusammengefasst: Im Fichtelgebirge gab es genau 1 Auerhennen-Sichtung, obwohl dort sämtliche potentiell geeigneten Habitate abgesucht wurden, insgesamt 187 Aufnahmepunkte! In den Alpen und im Bayerischen Wald wurden auf gerade mal 10 Prozent der insgesamt untersuchten Flächen noch Auerwildspuren gefunden. Dabei waren bei diesem Projekt 66 eigens angelernte Kartierer auf über 2600 Flächen unterwegs! Wie der LWF-Chef Pröbstle aufgrund von solchen Zahlen zur Aussage „überwiegend ermutigende Ergebnisse“ gekommen ist, ist uns völlig schleierhaft. Dem Auerwild geht es dreckig, und obwohl es auf dem Papier streng geschützt ist, steht es vielerorts kurz vor dem Aussterben – und es wundert uns auch überhaupt nicht, warum.

Wohin nochmal sind die Herren Funktionäre für ihren hochrangigen Pressetermin angereist? Na, auf die Schwarzentennalm bei Kreuth! Die Wahl dieses Veranstaltungsortes würde uns vom Wilden Bayern die Lachtränen in die Augen treiben, wäre die Angelegenheit nicht so tief traurig und zudem auch noch sehr suspekt.

Denn in unseren Aktenschränken finden sich so ziemlich aus jedem Jahr seit 2017 Anzeigen, mit denen wir bei der Unteren Naturschutzbehörde Miesbach jeweils im Frühjahr gegen Holzfäll- oder Pflanzungsarbeiten exakt in diesem Auerhuhngebiet vorgegangen sind. Allein im vergangenen Jahr wurde links und rechts der Straße zur Schwarzentenn genau im Mai vom Forstbetrieb Schliersee Holz eingeschlagen. In den Kerngebieten wurden und werden nach wie vor Steige gebaut oder erneuert und werden Bäume in lichte Auerwild-Wälder gepflanzt ohne Rücksicht auf Balz-, Brut oder Aufzuchtzeit, von April bis August. Die Steige wurden auch auf Outdoor-Plattformen beworben, lockten neue Freizeitsportler ins Gebiet. Jetzt werden sie vom Forstbetrieb – der sich gerade für sein Auerwild-„Management“ feiern lässt – weiter ausgebaut. Die zuständige Untere Naturschutzbehörde schaut weiter mehr oder weniger hilf- und tatenlos zu und bemüht sich um eine gutes Gesprächsklima  nicht mit Naturschützern sondern mit dem Forstbetrieb. Keine unserer Anzeigen hat sie zur Aktion veranlasst, weder wurden akute Störungen abgestellt, noch für die Zukunft verhindert.

Hat hier also noch irgendjemand nicht verstanden, warum das Auerwild bei uns in Bayern ausstirbt?
Gratulation übrigens an den Chef des LBV, Dr. Norbert Schäffer, und den BN-Vertreter dafür, dass sie sich tatsächlich trauen, mit den Forstvertretern ausgerechnet auf die Schwarzentennalm zu fahren und so zu tun, als würde es hier wirklich um das Wohl des Auerwildes gehen. Das erfordert echt Mut.
Und wen es interessiert, wie es um das Auerwild im Bereich Schliersee tatsächlich bestellt ist: Es gab und gibt dort bereits ein hervorragendes Monitoring von 2015 bis 2022, veröffentlicht im „Ornithologischen Anzeiger“ vom April 2023 – als nachvollziehbare wissenschaftliche Studie mit Methodenteil, Grafiken und Diskussion. Titel „Deutliche Rückgänge des Auerhuhns Tetrao urugallus in den Bayerischen Alpen“!
Die nachfolgenden Fotos stammen aus dem April 2022. Forstbetrieb Schliersee, auf dem Weg zur Schwarzentennalm.

(c)Wildes Bayern – privat

(c)Wildes Bayern – privat

(c)Wildes Bayern – privat

(c)Wildes Bayern – privat

 

Bildquelle: Tegernseer_Zeitung, (c)Dieter Streitmaier, (c)Wildes Bayern - privat




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.









Aktuelle Informationen



Wie Mountainbiken die Natur beeinflusst Sportökolog*innen der Uni Bayreuth haben mal zusammengetragen, was über die Auswirkungen von Mountainbiken auf die Natur bekannt ist. Dabei sind…

Donnerstag, 01. Juni 2023
Jetzt lesen
Jetzt das Gartentier des Jahres 2023 wählen! Noch bis zum 11. Juni läuft die Wahl zum „Gartentier des Jahres 2023“ der Heinz Sielmann-Stiftung. Klarer Favorit ist bis…

Mittwoch, 31. Mai 2023
Jetzt lesen
"Rebellen der Erde" - inspirierend, ermutigend, lesenswert! Selten hat mich ein Fachbuch so in seinen Bann geschlagen! Die Geschichte, wie der gut bezahlte "Banker" Benedikt Bösel ein…

Mittwoch, 24. Mai 2023
Jetzt lesen

Mitglied werden