UPDATE: Die neue „Jagd in Tirol“ (Zeitschrift des Tiroler Landesjagdverbands) berichtet über ein tolles Citizen-Science-Projekt, mit dem in dem Bundesland die „Schlafmäuse“ erfasst werden sollen, also die Bilche, zu denen auch der Gartenschläfer, der Siebenschläfer und andere gehören.
Wir finden: Feine Sache, hätten wir hier in Deutschland auch gerne – siehe die unklare Lage der gefährdeten Art im Harz (unten).
Den Beitrag aus Tirol könnt Ihr hier nachlesen (zu Seite 16 blättern)
Meldung vom 15.6.25
Aus Sachsen-Anhalt gibt es einen Bericht über die Verbreitung des Gartenschläfers. Der zeigt leider auf, dass die Art massiv unter Lebensraumverlust leidet. Heute können außerhalb vom Harz keine Gartenschläfer mehr nachgewiesen werden – dieses Vorkommen stellt also einen reliktartigen und isolierten Vorposten an der nördlichen Verbreitungsgrenze der Art in Deutschland dar.
Laut den Verfassern des Berichts „besteht eine hohe Verantwortlichkeit für die Erhaltung der Art in der Region. Ein konsequenter Schutz aller Einzelvorkommen erscheint daher unerlässlich.“ Ohne diesen, so befürchten sie, geht die Art in ihrem letzten Verbreitungsgebiet hier, dem Harz, verloren.
Doch wer kümmert sich darum? Es scheitert bereits am Monitoring; auch das stellt der Bericht unbeschönigt dar.
Wie die Lage genau ist, darüber ist zu wenig bekannt, weil außer dem Nationalpark nur vereinzelte Bürger am Monitoring mitwirken. Die größten Auswirkungen haben die staatlichen Wälder. Darüber heißt es im Bericht:
„Außerhalb des Nationalparks muss der Bestand des Gartenschläfers im Wirtschaftswald als erheblich gefährdet eingestuft werden, insbesondere im Hinblick auf die stellenweise starke Beeinträchtigung der Habitate der Art. Die großflächigen Kahlflächen, die in den letzten Jahren nach Windwurf, Kalamitätsereignissen und Trockenstress entstanden sind, haben den Lebensraum des Gartenschläfers im Wirtschaftswald massiv verändert.“
Wie diese Veränderungen genau ausschauen? Keine Ahnung, denn leider kümmert sich die staatliche Forstpartie nicht um das tierische Leben in den Wäldern, die sie in unserem Auftrag verwalten. Schlimmer noch: Sie nehmen bei der Bewirtschaftung auch keine Rücksicht darauf. Das muss sich ändern – wir wollen endlich Forstwirtschaft, die sich wenigstens einen Hauch für die Natur interessiert und natürliche Zusammenhänge berücksichtigt!
„Eine praktizierte Methode der Flächenvorbereitung auf großen Kahlflächen im Hochharz ist die maschinelle Beräumung der Flächen mit zum Teil kompletter Rodung des Wurzelstocks und das Aufschieben des Schlagabraums zu Wällen“, beschreiben die Autoren. „Dieses Verfahren der Flächenvorbereitung für die Wiederanpflanzung führt zu einem Lebensraumverlust verbunden mit einem erhöhten Tötungsrisiko für viele Waldarten.“
Die Fachexperten fordern, dass auch außerhalb des Nationalparks mehr aktive Suche nach dem Gartenschläfer stattfindet. Außerdem schreiben sie:
„Besonders dringend erscheint hierbei eine Änderung der aktuellen Praxis der vollständigen Beräumung forstlicher Kalamitätsflächen. Zumindest auf Teilflächen müssen Totholz, Stubben und damit auch Sträucher und aufkommende Bäume belassen werden. (…) Wo immer möglich sollten artenreiche Wald
ränder entwickelt bzw. gepflegt werden. Diese könnten in Kombination mit den unberäumten Teilflächen als Refugien dienen, aus denen eine spätere Wiederbesiedlung neu aufgeforsteter Waldflächen durch den Gartenschläfer möglich wäre. Von Bedeutung für den Gartenschläfer sind weiterhin das Belassen von Kleinstgewässern und weiteren Strukturelementen sowie der Verzicht auf Rodentizide.“
Hier übrigens noch Gastbeitrag des Biologen und Ökologen Prof. Dr. Pierre Ibisch im Focus zum Umgang mit den Wäldern im Harz und in ganz Deutschland…
Meldung vom 20.12.2024
Hier findet Ihr einen Bericht über eine neue Studie zum Gartenschläfer
Das Tier des Jahres 2023 ist der Gartenschläfer
Der Bilch mit der Augenmaske findet immer weniger geeignete Lebensräume und steht als „stark gefährdet“ auf der Roten Liste Deutschlands
Hamburg, 15. November 2022. Die Deutsche Wildtier Stiftung ernennt den Gartenschläfer (Eliomys quercinus) zum Tier des Jahres 2023. Er ist ein eher unbekanntes Familienmitglied der Bilche, zu denen auch der Siebenschläfer, die Haselmaus und der sehr seltene Baumschläfer gehören. Einst in vielen Landesteilen verbreitet, steht das Nagetier inzwischen als „stark gefährdet“ auf der Roten Liste Deutschlands. Der Gartenschläfer war eines von drei Säugetieren des Lebensraumes Wald, das die Stiftung ihren Spenderinnen und Spendern zur Wahl gestellt hatte. Mit dem Titel „Tier des Jahres“ möchte die Stiftung auf diese faszinierende und bedrohte Art aufmerksam machen, um so zu ihrem Schutz beizutragen.
Schwarze Augenmaske, langer Schwanz und große Ohren – das sind die drei charakteristischsten Merkmale des gut faustgroßen Pelzträgers. Er ist ein Kletterkünstler, Winterschläfer und ein echter Allesfresser. Der Gartenschläfer lebt gerne in unseren Parks und Gärten – in Südwestdeutschland sind sie seine Hauptverbreitungsgebiete. Dort verkriecht er sich in Hecken, Mauerspalten, Schuppen oder Nistkästen. Und so kann man seine Zorro-Maske manchmal sogar auf dem Balkon entdecken. Allerdings nur nachts, denn das Tier des Jahres 2023 verschläft seine Tage und ist nur in der Dunkelheit aktiv. Sein Winterschlaf dauert rund sechs Monate und seine Körpertemperatur sinkt dann bis auf rekordverdächtige -1 Grad. In Spanien, wo der Gartenschläfer ganzjährig Futter findet, muss er – wenn überhaupt – nur kurz in den Winterschlaf gehen; dafür hält er dort in trockenen Sommern ohne Nahrung schon mal eine mehrtägige Siesta.
Ursprünglich war der maskierte Schläfer in vielen struktur- und felsreichen Mittelgebirgen beheimatet – in diesen natürlichen Lebensräumen gibt es ihn heute nur noch im Harz, im Schwarzwald und in Bayern. Dort findet er ausreichend Versteckmöglichkeiten in Felsspalten, Baumhöhlen oder Totholz und dazu seine Lieblingsnahrung wie Käfer und Tausendfüßer. Wichtig ist für ihn zudem eine deckende Kraut- und Strauchschicht, in der er auch pflanzliche Nahrung wie Wildfrüchte und Beeren findet und sich vor allem gut vor seinen Feinden wie Füchsen, Mardern und Eulen verstecken kann. Da diese vielfältigen Strukturen in unseren Wäldern selten geworden sind, sind die Gartenschläfer-Bestände in natürlichen Lebensräumen sehr stark rückläufig. In Siedlungsbereichen lauern dagegen ganz andere Gefahren wie offene Regentonnen, Rattengift oder hungrige Hauskatzen auf ihn. Insgesamt ist das Verbreitungsgebiet des Gartenschläfers in Europa in den letzten 30 Jahren um fast die Hälfte geschrumpft.
„Die Deutsche Wildtier Stiftung möchte nicht nur die Aufmerksamkeit auf dieses bedrohte Tier lenken, sondern auch dabei helfen, wenigstens einige der noch bestehenden Geheimnisse rund um den Bilch zu lüften“, sagt Julia-Marie Battermann, Bilch-Expertin der Deutschen Wildtier Stiftung. „Denn je mehr wir über den Gartenschläfer wissen, umso besser können wir ihn schützen. Deshalb wollen wir Forschungsprojekte unterstützen, die die Ansprüche des Gartenschläfers untersuchen, um so Maßnahmen für seinen Fortbestand in Deutschland entwickeln zu können.“
Infokasten:
Mit der Wahl des „Tier des Jahres“ setzt die Deutsche Wildtier Stiftung die langjährige Arbeit der Schutzgemeinschaft Deutsches Wild fort. Seit 2017 wählen die Spenderinnen und Spendern der Deutschen Wildtier Stiftung ein Tier des Jahres, auf das in der Öffentlichkeit aufmerksam gemacht werden soll. Sei es aufgrund seiner Gefährdung, der Bedrohung seines Lebensraumes oder weil es einen Mensch-Wildtier-Konflikt hervorruft.
Lesen Sie in unserem Steckbrief alles über das Tier des Jahres 2023: https://www.deutschewildtierstiftung.de/wildtiere/gartenschlaefer.
Bildquelle: (c)Kerstin Hinze - Gartenschläfer