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Montag, 18. November 2024

18. November 2024, 16:41    Christine Miller

UPDATE Schonzeitaufhebung – jetzt rudern die Minister


Am vergangenen Freitag hat uns die folgende Nachricht aus dem Wirtschafts- und Jagdministerium erreicht:

“Am Mittwoch, 13. November 2024, haben sich auf Einladung von Jagdminister Hubert Aiwanger die Forstministerin Michaela Kaniber und Umweltminister Thorsten Glauber zur kürzlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Normenkontrollanträgen gegen die Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern aus dem Jahr 2019 und zu den möglichen Auswirkungen für die an der Regierung von Oberbayern in Aufstellung befindliche neuen Verordnung ausgetauscht.

Die Ministerin und die Minister waren sich einig, dass der Erlass einer praxisgerechten und rechtskonformen neuen Verordnung zum Erhalt der Schutzwälder wichtig ist. Es wurde vereinbart, dass die zuständigen Ministerien die an der Regierung von Oberbayern vorliegenden Antragsunterlagen unter Berücksichtigung des Prozesses vor dem Bundesverwaltungsgericht jetzt prüfen, um die Auswirkungen bei einer neuen Verordnung zu berücksichtigen.”

Einen Beitrag aus der Süddeutschen Zeitung dazu findet Ihr hier

 

Ursprüngliche Meldung vom 8. November 2024

Wir sind überglücklich: Nach mehreren Tiefschlägen in den vergangenen Jahren hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig unserem Anliegen endlich zu seinem Recht verholfen: Die Schonzeitaufhebungsverordnung in den bayerischen Bergen ist nicht rechtens! Denn niemand hat vorher auch mal nachgeschaut, welche Auswirkungen diese Schonzeitaufhebung in Sachen Naturschutz haben würde.

Seit über 20 Jahren kommt unser Wild auf Dutzenden Flächen in den oberbayerischen Gebirgswäldern auch im Winter und im Frühjahr nicht mehr zur Ruhe. Alle fünf Jahre – und aktuell wieder! – hebt die Regierung von Oberbayern per Verordnung großräumig die Schonzeit für Rehe, Gämsen und Hirsche auf. Ausgerechnet die überlebenswichtigen Winterlebensräume des Gamswildes werden dann zu Todeszonen.

Der Verein Wildes Bayern e. V. hielt diese Praxis nicht für rechtskonform und hat schon vor 2019 Klage gegen die damals aktuelle Verordnung eingereicht. Wir wurden immer abgeschmettert – bis jetzt: Am 7. November ist das Bundesverwaltungsgericht der Argumentation der uns vertretenden hervorragenden Umwelt-Juristen Leopold M. Thum und Peter Fischer-Hüftle gefolgt und hat die Verordnung zur Änderung der Jagd- und Schonzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern für nicht rechtskonform erklärt.

Wir freuen uns riesig über diesen Sensationserfolg, der sich möglicherweise auch auf das gesamte Schutzwaldmanagement der Staatsforstverwaltung auswirken wird.

Mehr Informationen findet Ihr hier beim Bundesverwaltungsgericht

Berichterstattung in Wild und Hund online dazu

Berichterstattung des Forums lebendige Jagdkultur dazu

Berichterstattung der “Pirsch” dazu

 

UPDATE 13. November 2024

Heute kam die folgende Meldung der Deutschen Wildtier Stiftung zu unserem Gerichtserfolg heraus:

“Seit einem Vierteljahrhundert werden Gämsen in vielen Gebieten der bayerischen Alpen ununterbrochen gejagt. Allein in Oberbayern wurde die gesetzliche Jagdzeit, die eigentlich nur viereinhalb Monate beträgt, auf über 25 000 Hektar auf das ganze Jahr ausgedehnt, damit der Bergwald besser wachsen kann. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nun in seinem Urteil vom 7. November 2024 festgestellt, dass die Schonzeitaufhebungs-Verordnung, die letztmalig 2019 verlängert wurde, gegen geltendes Recht verstößt.

Kläger war der Verein Wildes Bayern e.V., dessen Normenkontrollantrag die Deutsche Wildtier Stiftung unterstützt hatte. Der Verein argumentierte, eine naturschutzfachliche Verträglichkeit der Verordnung sei nicht geprüft worden, und die jagdliche Schonzeitaufhebung in den betroffenen Gebieten könne zu einer Verschlechterung der Situation vieler Natura 2000-Gebiete – einem EU-weiten Netz von Schutzgebieten – führen. Das Bundesverwaltungsgericht folgte dieser Argumentation und gab dem Verein in letzter Instanz Recht.
„Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird die willkürliche Verfolgung von Gämsen in den Bergwäldern Oberbayerns erstmals offiziell hinterfragt“, sagt Dr. Andreas Kinser, Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung. Die Stiftung hatte in den vergangenen Jahren immer wieder auf Zielkonflikte im Lebensraum der Gämsen hingewiesen. Sie hatte deutlich gemacht, dass Schonzeitaufhebungsflächen häufig besonders wertvolle Biotope umfassen, die oft viel Licht benötigen und durch den Einfluss von Huftieren wie Gämsen und Rothirschen sogar gefördert werden. Zudem gibt es Flächen, die vor allem im Winter von Skitouristen oder Wanderern aus Rücksichtname auf Birk- und Auerhühner freiwillig ungenutzt bleiben – in denen aber dennoch ganzjährig gejagt werden darf. Das Bundesverwaltungsgericht hat offiziell bestätigt, dass Natur- und Artenschutz bei der Schonzeitaufhebung zum Zwecke der Schutzwaldsanierung berücksichtigt werden müssen.
„Wir fordern nun, dass der Freistaat Bayern nach seiner Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht die Schonzeitaufhebungsflächen endlich in die Geschichtsbücher verbannt“, sagt Andreas Kinser. Schließlich sind auch die Erfolge der 25-jährigen Dauerjagd auf Gämsen mehr als zweifelhaft: Seit Beginn der Schutzwaldoffensive in den 1980er-Jahren sind nur sehr wenige Flächen aus der Sanierungsphase entlassen worden – die Wiederbewaldung war trotz immer größerer Investitionen in die Jagd nicht erfolgreich. Stattdessen stehen die Gämsen mittlerweile in der Kategorie „Vorwarnliste“ auf der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands. „Statt Schonzeitaufhebungsflächen sollte Bayern eher Jagdzeitaufhebungsflächen verordnen, in denen Gämsen gerade jetzt zum anbrechenden Winter die dringend nötige Ruhe zum Überleben finden“, so Kinser.”

Bildquelle: Wildes Bayern




Claudia Flach schrieb:


Herzlichen Glückwunsch zum juristischen Erfolg! Wunderbar, dass es euch gibt!
Claudia

Antworten
Kampa Wolfgang schrieb:


Gratuliere!!
Und vielen Dank für den ünermütlchen Einsatz für unser Wild.
Gruas Wolfgang Kampa

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Joachim Orbach schrieb:


Herzlichen Glückwunsch zum Erfolg – insbesondere auch an Frau Dr. Miller.
Joachim Orbach

Antworten
Toni Huber schrieb:


Gratuliere das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Endlich wird der ausufernden Jagd auf unser Wild gesetzlich Einhalt geboten.

Antworten
Ninja Winter schrieb:


Niemand hat es mehr verdient, als ihr! Dank und Glückwunsch! Hoffentlich ist das nur der Anfang, hin zu mehr Respekt und Akzeptanz für alle Wildtiere!
Die Natur ist kein Selbstbedienungsladen, die Tiere waren zuerst da.

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Heinz J. Bökamp schrieb:


Es besteht Hoffnung, dass dieses Urteil Signalwirkung für ganz Deutschland hat.

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Ludwig Fegg schrieb:


Liebe Christl, mein Vergelt’s Gott für Deinen unermüdlichen Einsatz für Wald und Wild.
Denn das ist es schließlich!
Ein gemeinsames Miteinander von Fauna und Flora ist unser aller Ziel.
Endlich wieder jagdliche Ruhe in der harten Winterzeit und während der Setz- und Aufzuchtzeit des Wildes. Auch das Auer-, Birk- und Haselwild dankt Dir!
Habe “Wildes Bayern” heute jungen Menschen erklärt und Ihnen gesagt, wie viel Einsatz und Herzblut darin steckt. Sie wollen Mitglied beim Wildtier-Schutzverein werden. Gemeinsam für die gute Sache!
Mei, des g’freid mi sakrisch!

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Bixler Werner schrieb:


Ein herzlichen Dank für Eueren Einsatz zum Wohle von unserem uns anvertrauten Wild.
Vergelts Gott
Werner Bixler

Antworten
Smischek Peter schrieb:


Liebe Christl, Dein Engagement für unsere Wildtiere ist einmalig. Wenn es um Recht geht, dann bist Du immer zur Stelle und bekommst, auch wenn es unseren Gegnern nicht paßt, fast immer das, wofür Du kämpfst. Von Dir sollten sich einige, nein alle im Präsidium ein Stück abschneiden. Dein Kampf für unsere Wildtiere ist der richtige und nicht das “Geplänkel” unseres Dachverbandes. Du bist ein echter Anwalt des Wildes und solltest mit dem Hubertusorden geehrt werden. Herzlichen Dank für Deinen unermüdlichen Einsatz und beste Grüße von Peter

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Rosi Plenk schrieb:


Sehr geehrte Frau Miller,
liebe Christel, liebes fleißiges Team von Wildes Bayern.
Gut dass es euch gibt! Endlich ist es nun da, das heiß ersehnte Urteil zu Gunsten unserer Wildtiere. Mein Herz hat gejubelt.
Trotzdem müssen wir alle wachsam bleiben und nach dem Rechten schauen. Vielen Dank für diese großartige Arbeit.
Rosi Plenk

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Bertram schrieb:


Der Schlüssel für einen arten- und naturschutzgerechten Umgang mit den Schalenwildarten liegt im Waldbau – das sollten die BaySF endlich mal kapieren!

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