Dass man in einen Wildbestand nur eingreifen sollte, wenn man genau weiß, wie groß er ist, und wie er sich zusammensetzt, ist zumindest unter Wildbiologen eine Binsenweisheit. Gerade aus Forstkreisen kommt dagegen oft reflexartig die Aussage, man könne Wildbestände nicht zählen. Hier kommt ein schönes Beispiel dafür, welchen Unterschied es macht, ob man zählt oder nicht.
Der Rotwildring Meißner-Kaufunger Wald in Nordhessen, der offenbar mit ständig steigenden Abschussplänen zu kämpfen hat, hat ein Wildlife-Monitoring-Unternehmen beauftragt, mit einer Drohne und Wärmebildkamera einen Teil seiner 95 Reviere (40.000 ha) zu überfliegen und das Rotwild zu zählen. Davon berichtet die Hessische/Niedersächsische Allgemeine. Die Zählung erbrachte ein überraschendes Ergebnis: Statt der bisher geschätzten 1800 Stück leben in den dortigen Revieren nur weniger als 1300.
Ihre Zahl liegt also um ein Drittel niedriger als jene, mit der die Jagdbehörde gearbeitet hat. Sie hat laut Zeitung “die Tierbestände in einer Rückrechnung aus der Zahl der erlegten Tiere und deren Geschlechter- und Altersverhältnisse” ermittelt – und auf dieser Zahl dann wiederum die Abschusspläne aufgebaut.
Auch wenn es nicht so ist, dass die Stückzahl das Maß aller Dinge ist (auch die Strukturen spielen eine große Rolle), könnte man doch meinen, dass mit der geringeren Stückzahl auch die Abschussvorgaben mal deutlich sinken müssten. Aber nein, schreibt die HNA: “Diese neuen Zahlen … als auch ein Rückgang der Schälschäden im Wald… haben nun erstmals seit Jahren dazu geführt, dass die Abschusspläne … für das Rotwild zumindest nicht weiter angehoben werden – eine Forderung, die die Jägerschaft seit Jahren verfolgt.” Die Abschussvorgabe stagniert also laut HNA bei 679 Stück, was das Ist-Ergebnis des vergangenen Jagdjahres war. Bei einem Bestand von knapp 1300 reden wir hier also von einer Abschussquote von fast 50%!
Auch müsste sich die Untere Jagdbehörde mit der Tatsache auseinandersetzen, dass die Verteilung des Wildes alles andere als gleichmäßig zu sein scheint. Während sich in einem Tal fast 26 Stück pro 100 Hektar auffinden ließen, lag diese Dichte andernorts bei gerade mal 3,4.
Die Revierpächter seien jetzt aufgerufen, mit Äsungsflächen, Ruhezonen und Habitatverbesserungen dafür zu sorgen, dass sich das Rotwild wieder gleichmäßiger verteilt, ließ der Rotwildring laut HNA verlautbaren.
Den vollständigen Pressebericht findet Ihr hier
Und auch die Deutsche Wildtier Stiftung zählt ihr Wild auf Gut Klepelshagen. Über die Methodik und Ergebnisse berichtet sie hier