Umsicht, Rücksicht und Selbstbeschränkung waren gestern. Corona zeigt, was angeblich naturliebende Wintersportler tatsächlich im Sinn haben. Kaum wird es für sie im Alltag ein bisschen unbequem, müssen sie in der Natur die Sau raus und die Selbstbeschränkung fallen lassen.
Die Sektion München des Deutschen Alpenvereins e. V. hat gemeinsam mit der Gebietsbetreuung Mangfallgebirge, der Alpenregion Tegernsee-Schliersee (ATS) und dem Lawinencamp Bayern den vergangenen Corona-Winter 2020/21 hinsichtlich des Verhaltens von Wintersportler*innen am Taubenstein im Spitzinggebiet untersucht.
Wie in den Vorjahren wurden auch im letzten Winter entsprechende Daten an der Talstation der Taubensteinbahn über zwei LVS-Checkpoints mit Infrarot-Technik erhoben. Zusätzlich flossen Erkenntnisse der o.g. Partner in die Untersuchung ein.
Die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchungen im Überblick:
Winter 21/22 wird erneut zu besonderen Herausforderungen führen
Roman Ossner, Mitarbeiter für Umwelt & Natur bei der Sektion München des Deutschen Alpenvereins: „Die Ergebnisse unserer gemeinsamen Untersuchung zeigen deutlich, dass sich durch Corona das Verhalten der Wintersportler und Wintersportlerinnen verändert hat. Während einzelne Erkenntnisse – etwa die stärkere Verlagerung der Aktivitäten auf die Tageszeiten – einen positiven Einfluss auf den Naturraum hatten, bereiten die Untersuchungsergebnisse hinsichtlich der Lawinen-Sicherheitsausrüstung eher Grund zur Sorge.“
Tim Coldewey, ATS-Produktentwickler: „Für alle Beteiligten dieser Untersuchung besteht weiterhin Handlungsbedarf, der Winter 2021/22 wird erneut spürbare Veränderungen mit sich bringen. So werden die seit dem Sommer 2021 eingesetzten, hauptamtlichen Ranger zusammen mit etlichen freiberuflichen Ranger für eine stärkere Lenkung der Wintersportler und Wintersportlerinnen sorgen.“
Vor allem der Trend zu mehr Sonnenaufgangs- statt Feierabendtouren ist unter Naturschutzaspekten kritisch zu sehen. Florian Bossert, Gebietsbetreuer Mangfallgebirge: „Wildbiologisch betrachtet sind die Dämmerungsstunden die sensibelste Zeit, da die Wildtiere hier Nahrung zu sich nehmen. Im Hochwinter sind die Abendstunden sehr wichtig, da die Raufußhühner sich oftmals in Schneehöhlen eingraben. Eine Störung hierbei kann zu einer klirrendkalten Nacht im Freien und sehr hohem Energieverlust führen. In Richtung Frühjahr, wenn es zur Balz kommt, kann jede Störung in den Morgenstunden dazu führen, dass der Nachwuchs eines kompletten Jahres ausbleibt.“
Alexander Römer, Gründer des Lawinencamp-Bayerns: „Das gesamte Spitzingseegebiet und besonders der Taubenstein stehen trotz – oder gerade wegen – Corona weiterhin unter erheblichen Wintersportlerdruck. Noch ist nicht abzusehen, welche Auswirkungen der weitere Verlauf der Pandemie auf den heimischen Wintersport haben wird. Es kommt also weiterhin auf die Sensibilisierung in Sachen Lawinensicherheit abseits der Piste an. Daher rate ich jedem Tourengeher ob mit Schneeschuhen oder mit Skitourenausrüstung einen Lawinenkurs zu besuchen, bevor man sich ins Gelände wagt. “
Quelle: Alpenverein München Oberland
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