Nach der sehr bekannt gewordenen “Krefeld-Studie” zum Insektensterben bestätigt jetzt auch das Julius-Kühn-Institut (JKI) für eine intensiv landwirtschaftlich genutzte Region im Nordharz einen drastischen Rückgang von rund 95 Prozent der Biomasse fliegender Insekten über einen Zeitraum von 24 Jahren.
Doch nicht alle Arten sind laut diesen Ergebnissen gleichermaßen betroffen: Anpassungsfähige Pflanzenschädlinge, wie Blattläuse, nehmen tendenziell eher zu und werden immer länger bei Flugaktivität beobachtet. Das klingt erstmal widersprüchlich, ist es laut den Forschern aber gar nicht: Die Ergebnisse deuten vielmehr darauf hin, dass die Blattläuse auf den großen und strukturarmen Landwirtschaftsflächen der Region Nahrung “auf dem Silbertablett” serviert bekommen, während ihren potenziellen Gegenspielern dort Nahrung und Nistmöglichkeiten fehlen.
In größerem Rahmen bedeutet das vermutlich, dass Agrarlandschaften mit großen Ackerschlägen und wenig Kleinstrukturen, wie Hecken, Randstreifen oder Gehölzen, das Verhältnis von Pflanzenschädlingen zu Gegenspielern zugunsten der Schädlinge verschieben. Gleichzeitig verliert das System die Fähigkeit, solche Schädlinge zu reduzieren.
Vor allem wärmeliebende und trockenstresstolerante Arten, wie Zikaden oder anpassungsfähige Insektengruppen wie die der Blattläuse, profitieren zudem von steigenden Temperaturen im Klimawandel. Die Blattläuse zum Beispiel “sparen” sich mittlerweile die sexuelle Fortpflanzung und Eiablage auf Winterwirtspflanzen, um direkt in Getreide- und Rapsflächen zu überwintern.
Die Studie liefert wertvolle Hinweise für eine nachhaltige Förderung der Insektenvielfalt in Agrarlandschaften. Die JKI-Autoren gehen davon aus, dass Klimawandel und intensive Landbewirtschaftung in strukturarmen Agrarlandschaften sich in ihrer Wirkung auf Insekten gegenseitig verstärken. Da viele Insektenarten wichtige, schädlingsregulierende Funktionen in der Agrarfläche einnehmen, sollte diese Wechselwirkung in Pflanzenschutzstrategien stärker bedacht werden.
Die Pressemeldung des JKI findet Ihr hier
Zur Original-Veröffentlichung der Studie in englischer Sprache kommt Ihr hier
Bildquelle: (c) Julius Kühn-Institut