Die Deutsche Wildtier Stiftung hat eine Pressemeldung zum Thema “Das bayerische Ruhezonen-Paradox” veröffentlicht. Die Forderung darin ist eindeutig:
“Deutsche Wildtier Stiftung fordert: Keine Jagd in Wald-Wild-Schongebieten”
In Bayern sind Skifahrer für Wildtiere gefährlicher als Jäger – diesen Eindruck könnte man jedenfalls bekommen, wenn man sich die Regeln für die sogenannten Wald-Wild-Schongebiete in den bayerischen Alpen anschaut. Denn der Alpenverein legt den Schneetouristen nahe, diese Gebiete derzeit nicht zu nutzen, damit sich das Wild im Winter dorthin zurückziehen und Ruhe finden kann. Die Deutsche Wildtier Stiftung begrüßt Ruhezonen für das Wild ausdrücklich, allerdings sollte dabei nicht mit zweierlei Maß gemessen werden.
Denn während sich Skifahrer und Tourengeher freiwillig in der Ausübung ihres Wintersports einschränken, ist in vielen dieser Wald-Wild-Schongebiete das Jagen von Gämsen, Rehen und Hirschen weiterhin erlaubt – und zwar ohne jede Schonzeit. „Nicht nur der Wintersport, sondern vor allem auch die Jagd muss jetzt in den Wald-Wild-Schongebieten der Bayerischen Alpen ruhen“, fordert Dr. Andreas Kinser, stellvertretender Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung.
Dass in einigen Wald-Wild-Schongebieten bis in den Frühling hinein gejagt werden darf, ist für den Artenschützer der Deutschen Wildtier Stiftung nicht nur paradox, sondern es widerspricht auch dem Tierschutz. „Für alles Wild, egal ob potenzielle Beutetiere wie die Gämse oder geschonte Arten wie Birk- und Auerhuhn, geht mit der Jagdausübung eine erhebliche Ruhestörung in der nahrungsarmen Zeit einher, in der die Tiere eigentlich im Energiesparmodus leben sollten“, sagt Kinser.
Durch den anhaltend hohen Jagddruck und den allgegenwärtigen Tourismus gibt es in den Bayerischen Alpen nur noch sehr wenige für Gämsen ganzjährig gut geeignete und nutzbare Rückzugsgebiete. Gleichzeitig zeigen Analysen der Deutschen Wildtier Stiftung, dass die Alters- und Sozialstruktur der Populationen mancherorts weit entfernt von den natürlichen Verhältnissen sind. Gämsen stehen mittlerweile sogar auf der Vorwarnliste der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands. „Wir fordern daher seit Jahren, Jagdschongebiete nach Vorbild der europäischen Nachbarländer auszuweisen, um die Populationen der Gämsen wenigstens in kleinen Gebieten wieder zu stabilisieren“, sagt Andreas Kinser. Doch egal ob Wald-Wild-Schongebiete oder Jagdschongebiete: Wichtig ist, dass Ruhegebiete für alle Personen gelten, ganz gleich, welche Passion oder Motivation sie in die Berge treibt.
Einen weiteren interessanten Beitrag auf der Webseite der Deutschen Wildtier Stiftung findet Ihr zum Thema: “Gaemse-der-konflikt-in-bayern”…
Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung
Dieses Aussperren von Otto Normalbürger unter dem Vorwand, schiessbares Wild zu schützen, wird zunehmend zur Masche: Nicht nur bei privaten Grundbesitzern. Wie auch an der Rotwand, am Karwendel etc. Ausgerechnet der größte Störfaktor des Wildes, die Ausübung der Jagd, bleibt dort jeweils weiterhin ungeniert erlaubt. Nun endlich ohne störende Zeugen etwaiger Jagdvergehen. “Wildschutzgebiete” = Jagdschutzgebiete? Und die Waldbesitzer mit ihren Schussknechten freuen sich auf gesellige Drückjagden mit Stöberhunden auf Gams & Co. in winterlicher Notzeit …
Stöberjagden mit Terriern ins Unterholz werden für rechtmäßig erachtet, aber wehe, der Pudel von Lieschen Müller läuft mal unangeleint auf dem Wanderweg rum. Dann fühlt sich manch Grünrock gleich animiert, zu maßregeln … Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?
Passend zum Thema, vom Fachmann Förster Peter Wohlleben: “Aber oft wird vergessen, dass Jäger nicht nur mit dem Gewehr Leid verursachen. Wildtiere erkennen schon das Fahrzeug, mit dem der Jäger in den Wald kommt, und nehmen Reißaus. In stark bejagten Gebieten geraten die Tiere so unter dauerhaften Stress. Zudem behaupten nicht wenige Jäger, Spaziergänger und Wanderer würden das Wild stören!”
(Quelle: “Wozu jagen? – eine Debatte über den Sinn, Tiere zu schiessen” Interview aus GEO)
Grundsätzlich presst der Mensch alle Tiere in seine unterschiedlichen Lebensformen. Das klassische Haustier lassen wir in diesem Kommentar außen vor. Das “Nutztier” wird der, vom Mensch bestimmten, Haltungsform angepasst und nicht umgekehrt. Unserem Wild gestehen wir kaum mehr eigene Lebensbereiche zu. Ziemlich sicher ist die “Störung des Menschen in der Freizeit” eine neue Strategie um von den wahren Umständen der gnadenlosen Wildreduktion abzulenken. Trotzdem haben wir immense Probleme mit dem Menschen, der ohne jegliche Sensibilität seine Freizeit mit oder ohne Hund, mit Tourenski oder ohne, tags oder nachts, am Waldrand, im Wald oder auf dem Berg verbringt. Da gibt es nichts Schönzureden. Nicht nur eine Agrarwende – auch die Rückkehr zu Wald mit Wild ist notwendiger denn je. Das sehen auch immer mehr verantwortungsvolle Jäger und auch Förster so.
Selbstkritische Förster und Jagdberechtigte wissen genau, dass Wildtiere unterscheiden können zwischen der Gefahr durchs Unterholz schleichender und flüsternder Zeitgenossen und harmlosen Spaziergängern, die sich in normaler Lautstärke unterhalten. Sofern letztere auf den üblich genutzten Wegen bleiben.
Eine groß angelegte Untersuchung rund um unseren Starnberger See über Störungen von Wildtieren ergab ein erhebliches Störpotential durch Jagdaktivitäten. Im Vergleich aller Störquellen (Touristen, Boote, Angler etc.) stellte die Jagd einen erheblichen Anteil von bis zu 32,4 % dar (!). Quelle:
“Störungen rastender Wasservögel in einem
Ramsar-Gebiet am Beispiel des Starnberger Sees” –Seite 77.