In Deutschland ist das Wild im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten den längsten Jagdzeiten ausgesetzt. Zwischen viereinhalb (Gams) und neun (Schmalreh) Monaten darf das wiederkäuende Schalenwild bei uns mit der Büchse verfolgt werden, Wildschweine sogar das ganze Jahr über. Trotzdem stellen Revierinhaber in vielen Landkreisen immer wieder Anträge, diese Jagdzeiten nochmal auszudehnen, und zwar bis in den Hochwinter hinein oder nach “vorne” ins zeitige Frühjahr. Wildes Bayern hat 2022 mehrfach gegen die Aufhebung von Schonzeiten bei verschiedenen Wildarten geklagt, denn wir finden, es gibt gute wildbiologische Gründe für diese Schonzeiten, und die Beschneidung der Rechte der Wildtiere bedarf immer einer genauen Überprüfung und gründlichen Rechtfertigung.
Unsere Klagen waren für einen GRÜNEN-Landtagsabgeordneten aber vielmehr Anlass, sich um den Wald zu sorgen (“… akute Gefährdung der Wälder durch große Kalamitäten… Notwendigkeit zum klimatoleranten Umbau der Wälder… zu hohen Rehwildverbiss … Umbau der Wälder erschwert”), und er stellte eine Anfrage an die Staatsregierung. Dabei kam heraus: In 21 der 71 bayerischen Landkreise wurden in mindestens einem der Jagdjahre 2019/20 und 2021/22 Anträge auf Schonzeitaufhebungen bei Rotwild gestellt, und in 53 Landkreisen sowie einigen kreisfreien Städten wurde Schonzeitaufhebung bei Rehwild beantragt.
Die Umfrage des Staatsministeriums bei den Jagdbehörden ergab zwar nicht, wieviele dieser Anträge positiv beschieden wurden, aber sehr wohl, wieviele Ablehnungen es gab, und was als Begründungen angeführt wurde. Wir vom Wilden Bayern lesen daraus, dass es zumindest einige Untere Jagdbehörden gibt, die solche Anträge kritisch unter die Lupe nehmen und sowohl die geltende Gesetzeslage als auch den gesunden Menschenverstand nicht außen vor lassen. Danke dafür!
25 Ablehnungen fußten darauf, dass die Anträge zu allgemein gefasst waren, keinen Bezug zum jeweiligen Einzelfall hatten oder eine pauschale Begründung anführten. In 14 Fällen erkannte die Behörde, dass kein übermäßiger Wildschaden vorlag, die Verbissbelastung laut Forstlichem Gutachten tragbar oder günstig war, keine waldbaulichen Problematiken erkennbar waren oder gar kein Wald im Revier lag (!), beziehungsweise, dass dem vorgebrachten Wildschaden mit anderen zumutbaren Schutzmaßnahmen wirksam begegnet werden könnte.
In fünf Fällen erkannte das Landratsamt, dass der Antrag nur gestellt wurde, um noch mehr Zeit für die Abschussplanerfüllung zu haben. Eine Behörde wies darauf hin, dass die Verbissschäden durch eine zunehmende Beunruhigung des Wildes durch Ausdehnung der Jagdzeit nur noch verstärkt würden, und verwies auf Möglichkeiten des Forstschutzes und eine verstärkte Bejagung der Zuwachsträger im Herbst. Eine weitere Behörde verwies darauf, dass der Zeitraum März/April Notzeit fürs Rehwild ist, weil seine körperliche Konstitution am niedrigsten ist und jegliche Körperfettreserven aufgebraucht sind.
Wir vom Wilden Bayern danken auch der Behörde, die anführte, aus Tierschutzgründen könne die Jagd auf nichtführende Alttiere ab 01.05. nicht vorverlegt werden.
Die vollständige Schriftliche Anfrage und Antwort aus dem Bayerischen Landtag könnt Ihr hier nachlesen