Das Buch “Die Würde der Natur” hatten wir im Winter schon vorgestellt – jetzt gibt es dazu einen einstündigen philosophischen Radiopodcast. Wer sich also an das anspruchsvolle Buch vielleicht noch nicht rangetraut hat, kann hier einen einfacheren, spannenden Einstieg über ein Gespräch zwischen Autor und Moderator finden.
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Dieses Buch kommt klein und unscheinbar daher, aber inhaltlich ist es eher ein Bergmassiv – eine Rahmengröße, die der Titel “Die Würde der Natur” allerdings schon nahelegt. Autor Eckart Löhr ist ein großer Denker, er ist Musiker, gelernter Buchhändler und hat Literaturwissenschaften sowie Philosophie studiert. Bei aller geistigen Dimension hat er zum Glück trotzdem nicht verlernt, anschaulich und verständlich zu schreiben.
In “Die Würde der Natur” tritt er an, die Ursachen der ökologischen Krise unserer Welt samt ihren Auswegen aufzuzeigen. Ein dickes Brett, das zu bohren ist, und die Aufmachung des Verlags – Seite um Seite reinen Text; gerade mal die großen Kapitel bekommen eine Leerseite davor als Atempause, bei den Unterkapiteln geht es auf der gleichen Seite fast nahtlos weiter – macht dem Leser die Aufnahme kein bisschen leichter.
Löhr zeigt auf, wie wir Menschen durch einen übermäßigen Glauben an die Technik (den er übrigens vor allem bei den Männern verortet, während die ökologische Gegenbewegung vielfach weiblich besetzt ist), durch Lehren wie den Transhumanismus, die christliche Anthropozentrik und andere verlernt oder aufgehört haben, die Natur in ihrer Ganzheitlichkeit wahrzunehmen, genau hinzuschauen, klug zu analysieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Die Fokussierung der Gesellschaft und Politik rein auf Fakten und Wissenschaft hat nach seiner Ansicht nach auch in der Corona-Krise zu vielen vermeidbaren Schäden geführt. Auf der Strecke geblieben sind Werte wie Empathie, Gefühl, Freiheit und Liebe. Im Kapitel “Perspektivenwechsel” versorgt er seine Leser mit Ansätzen, anders zu denken und zu leben. Zu den Konzepten, die er vorstellt, gehören Holismus, Gaia, Tiefenökologie oder auch Spiritualität. Löhr wirkt dabei aber weder esoterisch noch missionarisch.
Überschriften wie “Defiziente Perspektiven” oder “Der transhumanistische Wahn” versprechen einen gnadenlos unverdaulichen Text, doch dem ist überhaupt nicht so. Fast jeder Satz, den man beim Durchblättern anreißt zieht den Leser in den Text und verspricht interessantes Wissen. Tatsächlich liest sich “Die Würde der Natur” wie ein gesundes, gehaltvolles und schwer verdauliches Bio-Mahl. Man muss wirklich gut kauen und sollte es vielleicht in mehrere Mahlzeiten aufteilen. Aber es wird einen lange ernähren und mit sehr vielen guten Nährstoffen beim Nachdenken über den Umgang mit unserer Umwelt, der Natur und den Tieren versorgen.
Eckart Löhr: Die Würde der Natur. Oekom Verlag München, 2023
ISBN: 978-3-98726-038-4
Bildquelle: (c)oekom Verlag