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Donnerstag, 12. Oktober 2023

12. Oktober 2023, 11:15    Webmaster

Erneut zwei Hirsche im Drahtzaun umgekommen


Aus dem Lahn-Dill-Kreis erreicht uns leider wieder die Nachricht von Hirschen, die sich in Zaunresten so stark verheddert hatten, dass sie daran qualvoll eingingen. Wir verweisen deshalb nochmal auf unsere Kampagne Todesfalle Zaun
Der Weidelbacher Jagdpächter Dr. Wolfram Lemmer erlebt beruflich als Veterinärmediziner in seiner Tierklinik bei Marburg immer wieder dramatische Fälle schwer verletzter oder erkrankter Tiere. Als er jetzt aber in seinem Revier vor zwei Hirschen stand, die sich mit ihren Geweihen untrennbar in Zaunresten verfangen hatten und erst nach langen erfolglosen Befreiungsversuchen einen qualvollen Tod fanden, musste er sichtlich um sachliche Worte ringen, als er den Rotwildsachkundigen der Kreisjagdbehörde, Forstamtsrat Ralf Bräunche, über das stattgefundene Tierleid informierte.
Die verendeten Rothirsche waren einer einheimischen Spaziergängerin frühmorgens oberhalb von Weidelbach am Rande des so genannten Weidefelds aufgefallen. Die starken 9 und 11 Jahre alten Geweihträger hatten in der angrenzenden Waldfläche der Haubergsgenossenschaft um die Führungsrolle im Brunftgeschehen gekämpft und gerieten dabei in einen nicht abgebauten alten Forstzaun. Bei den stundenlangen Versuchen, sich von den Drahtschlingen zu befreien, rissen die Hirsche auf großer Länge die teilweise schon überwucherten Zaunreste aus dem Boden, verwickelten sich aber immer enger in dem Drahtgeflecht, aus dem es dann kein Entkommen mehr gab. Der großflächig am Fundort aufgewühlte Boden zeuge von dem langanhaltenden und grausamen Todeskampf, sagte Dr. Lemmer. Der Jagdpächter reagierte auch deshalb so betroffen, weil in Weidelbach bereits im Jahr 2021 zwei kapitale Hirsche in einem aufgelassenen Weidezaun auf ebenso qualvolle Weise verendeten.
Alte Zäune in Feld und Wald, aber auch liegengelassene Stacheldrahtrollen oder Seile und Litzen von mobilen Weidezäunen stellen Todesfallen für Wildtiere dar, erklärte Jochen Decher, der ebenfalls nach Weidelbach gerufene stellvertretende Vorsitzende des Kreisjagdverbandes. Denn immer wieder würden sich in den in der Natur zurückgelassenen Drähten, Schlingen und Seilen vor allem Hirsche und Rehböcke mit ihrem Kopfschmuck verfangen, wenn sie etwa durch Brunft- und Einstandskämpfe unvorsichtig seien oder vor freilaufenden Hunden und plötzlich auftauchenden Mountainbikern flüchten.
Den Dillkreisjägern geht es aber nicht nur um den Schutz der großen Wildtiere, für die Zaunreste oft am Anfang eines langen und am Ende tödlichen Leidensweges stehen. Denn in dem Gewirr des Zaunmaterials blieben auch Kleintiere wie Reptilien hängen oder würden sich Küken bodenbrütender Feld- und Waldvögel die Beine brechen, erklärt Decher. Zwar seien Zäune in Wald und Feld durchaus notwendig, damit Weidevieh nicht ausbricht oder Forstkulturen vor Pflanzenfressern geschützt werden sollten. Allerdings weist der Kreisjagdverband auf die naturschutzrechtliche Verpflichtung hin, Weide- und Forstzäune wieder abzubauen und das Zaunmaterial aus der Natur zu entfernen, sobald die Zäune nicht mehr benötigt werden, weil Forstpflanzen hochgewachsen oder Koppeln abgeweidet sind.
Bei einem kurzen Rundgang in der Weidelbacher Gemarkung seien ihm mehrere eingezäunte jedoch leere Weidekoppeln, altes Zaunmaterial in der Wiese und alte, teilweise schon eingewachsene Forstzäune aufgefallen, berichtet Jochen Decher. Im Haubergswald bzw. dem angrenzenden Staatswald habe er auch mehrere Forstkulturen mit meterhohen Bäumen gesehen, deren Umzäunung nicht entfernt worden sei. Der Jagdverbandsvize lässt das Argument nicht gelten, man müsse die Forstzäune auch bei den inzwischen hochgewachsenen Bäumen stehen lassen, um sie vor Schälschäden durch Rotwild zu bewahren. Denn die Zäune könnten von Rotwild mühelos übersprungen werden oder seien stellenweise längst nicht mehr geschlossen.
Nachdem diese Zeitung vor wenigen Wochen darüber berichtet hatte, dass Wanderer am Ortsrand von Eibelshausen einen toten Hirsch entdeckt hatten, der sich mit seinem Geweih in einem zurückgelassenen Mobilweidezaun verwickelt und nach stundenlangem Todeskampf qualvoll in den Zaunschnüren stranguliert hatte, haben die Dillkreisjäger Ministerien und Verbände angeschrieben, um in Hessen eine Initiative gegen den ständigen Wildtod in Zäunen zu starten. Die erneuten Todesfälle der beiden Hirsche in Weidelbach sowie ständige Meldungen über derartige traurige Ereignisse aus allen Teilen von Hessen und dem Bundesgebiet würden eindringlich die Notwendigkeit für diese Initiative unterstreichen, sagte Jochen Decher abschließend.

Ursprüngliche Meldung vom 28. August 2023

Im Lahn-Dill-Kreis in Mittelhessen ist ein Hirsch in einem Weidezaun umgekommen. Er hatte sich in den Litzen verheddert und bei seinem verzweifelten Versuch, sich daraus zu befreien, unter anderem einen Zaunpfosten umgebogen, so dass er sich daran schwer verletzte. Die Schnüre schlangen sich immer weiter um seinen Kopf, und letztlich erdrosselte er sich selbst. Gefunden wurde er am 1. August leider erst, als er schon tot war.

Die Jäger des Dillkreises wie auch Wildes Bayern weisen anlässlich dessen nochmals darauf hin, dass Weidezäune nur so lange stehen dürfen, wie die Weide in Benutzung ist. Kommt kein Vieh mehr raus, müssen sie abgebaut werden – gammeln sie länger unbenutzt und offen herum, gelten sie als “Müll” in der Landschaft, und den Besitzer trifft eine Entsorgungspflicht. Verfängt sich ein Tier in dem Zaun und verletzt sich oder kommt zu Tode, kann der Besitzer des Zauns für eine Straftat zur Rechenschaft gezogen werden.

Bildquelle: (c)Dillkreisjäger, (c)B. Fleischhacker, (c) Dillkreisjäger




Waltraud Krönner-Berry schrieb:


Ich unterstütze Ihre Forderung mit meiner Unterschrift.

Antworten
Lutz Herz schrieb:


Es ist doch auffällig, dass die Staatsforsten, wenn es um Tierschutz geht, immer wieder unangenehm auffallen.

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