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Freitag, 29. April 2022

29. April 2022, 10:55    Webmaster

Mitten in der Balz- und Brutzeit Bäume gefällt und gepflanzt


In den Bereichen Traithen bei Bayrischzell und Wendelstein/Breitenstein sind seit ungefähr Mitte April rund 100 Menschen dabei zu beobachten gewesen, wie sie Steige bauen, offene Flächen bepflanzen und Hochsitze aufstellen. Das klingt im ersten Moment vielleicht nach einem durchaus positiven Einsatz für die Umwelt und nennt sich auch so, nämlich „Bergwaldprojekt“ in Kooperation mit verschiedenen Rotary Clubs und anderen gutmeinenden Freiwilligen. Weitere ähnliche Aktionen sind für die Woche ab dem 1. Mai angekündigt.

Außer Acht lässt die Aktion allerdings die wirklichen Bedürfnisse der Umwelt, nämlich nach Ruhe in der sensiblen Phase der Brut- und Aufzuchtzeit. Gerade die bedrohten Raufußhühner, wie Auer-, Birk- und Haselwild, balzen jetzt und gehen dann zur Bodenbrut über, ebenso weitere geschützte Vogelarten. Wer in dieser Zeit, und dann auch noch in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden, mit Menschengruppen in die Natur eingreift, macht eine Balz und Brut für die geschützten Arten unmöglich. Auch das Bepflanzen der Offenlandbiotope zerstört mehr, als es vielleicht scheint zu helfen, denn diese Flächen sind wichtig und besonders artenreich – solange sie nicht mit Bäumen zugepflanzt werden.

(c)Wildes Bayern privat

Leider scheint das beim Bayerischen Staatsforstbetrieb Schliersee, auf dessen Gebiet die Einsätze stattfinden, niemanden zu interessieren. Eigentlich heißt es in dessen Naturschutzkonzept mehrfach, dass Hiebs- bzw. Durchforstungsmaßnahmen außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeit des Auerwildes stattfinden, um Störungen zu vermeiden. Das Auerwild sei eine Leitart, und geplante forstliche Maßnahmen dürften keine Verschlechterung zur Folge haben. Als Ziel benennt der Betrieb den Erhalt der Population und ihrer Lebensräume. Immer wieder ist in diesem Kontext von „störungsarmen Bergmischwäldern“ die Rede. Darüber hinaus schreibt das Staatsforsten-Gesetz den Betrieben vor, dass sie bei ihrer Bewirtschaftung des Waldes in besonderem Maße die Belange des Naturschutzes zu berücksichtigen haben.

Aber wie passt das mit den teils massiven Eingriffen zusammen, die aktuell im Staatsforstengebiet stattfinden? Hier legt nämlich nicht nur das Bergwaldprojekt mit den Rotariern Hand an, sondern es wird auch Holzschlägerung mittels Seilzugbringung durchgeführt – zum Beispiel mitten im FFH-Gebiet Flyschberge bei Bad Wiessee. Auch hier brüten Auer- und Haselwild – oder besser, brüteten, denn in diesem Jahr dürfte ihnen das unmöglich gemacht sein. Harvester, Bagger und Häcksler röhren im Bergwald, sogar am Wochenende und gegebenenfalls auch morgens oder abends.

Das Naturschutzgesetz untersagt selbst jedem Kleingärtner, nach dem 1. März noch Hecken oder Bäume zu schneiden, weil dann die Vögel brüten und dabei nicht gestört werden dürfen.

Nachdem Wildes Bayern den Forstbetrieb Schliersee schon seit 2017 jährlich auf Überschreitungen dieser Vorschriften aufmerksam macht, haben wir Anzeige erstattet. Und diesmal werden wir dafür kämpfen, dass der Schaden an der Natur auch wirklich eingestellt und geahndet wird – dauerhaft und nicht nur bis zum nächsten Jahr.

 

Einen weiteren Beitrag zu diesem Thema findet Ihr hier

Bildquelle: (c)Wildes Bayern privat




Gabi Holzer schrieb:


Da können Sie den Forstbetrieb des Fürsten Fugger Babenhausen in Augsburg – Wellenburg gleich mit dazu nehmen. Ausgezeichnet wurde im März und in meinem Pirschbezirk hat die Fällung der Bäume Anfang April erst angefangen. Die Vollernter stehen heute noch im Bestand, sind jeden Tag am arbeiten und fangen mit dem Holzrücken an die großen Wege erst an. Die Unruhe im Revier ist unbeschreiblich und das u. a. zu Beginn der Bockjagd. Kein Reh weit und breit auf den Kameras zu sehen. Wie auch, wenn die Stämme mitten in die Einstände fallen. Gleichzeitig wurde der Abschuss um 30% auf 15 Stück pro 100 ha erhöht.

Antworten
Schulte-Hostede, Hans-Jörg schrieb:


Ich kann obigen Kommentar auch für unseren Burghauser Forst bestätigen.
Dort wurde im März in einem Zeitraum von nur drei Wochen ein Gebiet von ca.800m X 200m durch zwei Harvester der Bayerischen Staatsforsten abgeholzt. Die Spuren von 23 Rückegassen im Abstand von ca. 30m
sind übersät von dicht quer beieinander liegenden Stämmen ca. 5 – 20 cm Durchmesser. Für flüchtendes Rehwild eine große Gefahr sich ernsthaft zu verletzen.
Eine ähnliche Aktion noch größeren Ausmaßes mit ca. 50 Rückegassen fand im April letzten Jahres im gleichen Forst an anderer Stelle statt. Auf die Nist- und Brutzeit von mir angesprochen antwortete mir der zuständige Förster, das werde so jedes Jahr im Frühjahr gehandhabt und sei den BaySf erlaubt. +
Die zuständige Untere Jagdbehörde Altötting bestätigte das auf Anfrage.

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