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Mittwoch, 19. Februar 2025

19. Februar 2025, 10:39    Christine Miller

Projekt Hochkienbergalm – Arena für Raufußhühner oder für den Forst?


Die Bayerischen Staatsforsten, Forstbetrieb Ruhpolding, wollen die Hochkienbergalm im Natura2000-Gebiet Chiemgauer Alpen wieder unter Beweidung nehmen, um die Struktur- und Artenvielfalt zu fördern. Klingt erstmal prima, oder?

Wildes Bayern wurde als anerkannter Naturschutzverein um eine Stellungnahme angefragt, weil für die geplanten Maßnahmen eine Befreiung der Fläche von ihrem Status als Naturschutzgebiet erforderlich ist. Das war Grund genug für mich, der Einladung zu einer Vorstellung des geplanten Projekts am 13. Februar zu folgen.

Hier mein Resümee: Die Heinz Sielmann-Stiftung und die Andreas von Braun-Stiftung fördern hier eine wichtige Sache. Ohne Weideflächen droht allen unseren typischen Vogelarten, wie Birk- und Auerwild, das komplette Aus.

Doch gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht. Und so gab es von unserer Seite viele kritische Nachfragen zu dem  Projekt. Die Antworten ließen eher darauf schließen, dass hier mit sehr, viel Geld und sicher auch gutem Willen eine PR-Sause für den Staatsforstbetrieb aufgebaut wird, die den Birk- und Auerhühnern wenig bringt und im schlimmsten Fall sogar zum Nachteil gereicht.

Die kurze Beweidung mit einigen Schafen ist nach Auskunft der befragten Experten nicht hilfreich, um die alten Almflächen offen zu halten Große Pflanzenfresser wären hier notwendig.

Die wolfssicher eingezäunten Umtriebsweiden (vierlitzige Starkstromzäune) dürften für die Vögel eher mehr Gefahr bringen. Schafe können die Almflächen für die natürlich vorkommenden Pflanzenfresser, vor allem Gams unbenutzbar machen.

Und überhaupt; die „natürlich vorkommenden Großherbivoren“- es wäre ein Leichtes, in das Konzept eine Jagdruhezone auf der gesamten ehemaligen Almfläche aufzunehmen. Schließlich würde das vor allem das Rotwild dort halten, und Hirsch und Stuck würden dann Weidedruck auf der Fläche ausüben, viel länger, als das die sechswöchige Schafbeweidung könnte.

Doch da empörten sich sofort die anwesenden Förster: Nein, da muss gejagt werden, schließlich sei ja genau an der Grenze des „Beweidungsprojektes“ der Beginn von sogenannten „Sanierungsflächen“, auf denen intensiv gepflanzt wird.

Übrigens sieht das Konzept auch vor, dass der Wald zu einem mindestens 50-prozentigen Laubwald umgebaut wird. Ja, hat denn da niemand in einem Bestimmungsbuch oder bei Wikipedia nachgelesen, dass das der sichere Weg ist, um einen Lebensraum für Auer- und Birkwild unbewohnbar zu machen?!

Die Vertreterin der Naturschutzakademie musste zwar inhaltlich allen Einwänden Recht geben. Aber man wolle da nicht mit den Förstern in Konflikt kommen.

Und auch der notwendige Schutz der Raufußhühner vor touristischen Störungen, vor allem im Winter und während der Balz- und Brutzeit, würde mehr Präsenz von Rangern in der Region erfordern und weniger Skitourengeher, Wanderer oder jagendes Forstpersonal. Aber auch davon findet sich nichts in dem Konzept. Dafür aber sehr viel für Kommunikation (sprich PR).

Also doch: Viel Geld wird für nicht ganz durchdachtes Projekt ausgegeben werden. Das Fachwissen und die Erfahrung wären ja da – aber sind sie wirklich gewünscht, oder stören sie nur?




Joachim Orbach schrieb:


Frau Dr. Miller als Wildbiologin und Jägerin hat es genau richtig dargelegt. Aber die Forstwirtschaft hält offensichtlich davon nicht viel – nicht ungewöhnlich für Staatsforst in Bayern. Hier sollte sich der Herr Jagdminister einmal einschalten. Oder stört Fachwissen in Bayern?

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