Die wenigsten Leute wissen, dass weite Bereiche des Nationalparks Berchtesgaden intensiv bejagt werden. Auf einigen Flächen ist sogar die gesetzlichen Schonzeit für bestimmtes Rot-, Reh- und Gamswild aufgehoben. Auf Rehböcke zum Beispiel dauert die Jagd auf diesen Flächen ohne Pause das gesamte Jahr an! Wir wollen, dass dieser Zustand gerichtlich überprüft wird, und haben Klage eingereicht.
Dass die Jagdgesetze dem Wild eine Schonzeit zugestehen, ist ein Zeichen von Fairness und Naturschutz. Wir Menschen erkennen an, dass die Tiere eine Phase erschwerter Lebensbedingungen durchmachen, und halten uns zurück: Im eisigen Winter am Berg zum Beispiel, in der ersten Zeit nach dem überstandenen Winter oder während Phasen von Trächtigkeit und Aufzucht.
Dem Wild diese Schonzeit zu nehmen, braucht schon gute Gründe – das Gesetz fordert solide Begründungen für jeden einzelnen Fall. Diesen Anspruch sehen wir zum Beispiel in Oberbayern nicht erfüllt, wo auf riesigen Flächen der Bayerischen Staatsforsten die Schonzeit mit einer Verordnung aufgehoben wird. Ein Gerichtstermin in der Sache steht dazu noch aus. In diesem Frühjahr gingen wir auch in mehreren bayerischen Landkreisen gegen die Verkürzung der Schonzeiten für Rehwild vor und stoppten diese Praxis erfolgreich. Auf Basis der dabei getroffenen Rechtsprechung hat sich Wildes Bayern nun auch eine der fragwürdigsten Schonzeitaufhebungen – die in einem Nationalpark – genauer angeschaut und daraufhin die Klage erhoben.
Betrachtet man die vergangenen zwei Dekaden, greift der Nationalpark über die gesetzlichen Jagdzeiten hinaus immer stärker in die Bestände von Rotwild, Reh und Gams ein: Wurde im Jahr 2002 die Schonzeit nur für einige wenige Rehe und Gämsen aufgehoben, galt dies bald auch für Rotwild. War in den Jahren bis mindestens 2014 die Anzahl der Rehe, Hirsche und Gämsen genau definiert, die von der Schonzeitaufhebung betroffen waren, findet sich ab mindestens 2017 diese Limitierung nicht mehr. Wurde die Schonzeit beim Gamswild anfangs ab Mitte oder Anfang Januar aufgehoben, geschieht dies heute schon ab Mitte Dezember. Waren Rehgeißen früher von einer Aufhebung der Schonzeit komplett verschont, so werden sie heute im Januar, wenn Eis und Schnee im Gebirge herrschen, wie fast alle ihre Artgenossen bejagt. Und schließlich wurden auch die Flächen, auf denen diese Regeln gelten, über die Jahre immer mehr.
In der Zwischenzeit werden im Nationalpark Berchtesgaden zwei Drittel der Gämsen während den Monaten der aufgehobenen Schonzeit geschossen, im Hochwinter und zeitigen Frühjahr, und nur noch ein Drittel der Tiere während der regulären Jagdzeit. Wir halten das für hoch problematisch, denn die Gams ist eine international geschützte Tierart.
Die `Sonderregeln´ des Nationalparks gefährden aber auch den Status des Parks selbst: Denn die meisten der ganzjährig bejagten Tiere leben viele Monate des Jahres in der Kernzone. Sie werden bejagt, sobald sie im Winter auf die warmen Südhänge der `Randzone´ wechseln. Das widerspricht den IUCN-Kriterien. Wir wollen, dass unser Nationalpark auch ein richtiger Nationalpark bleibt!
Bildquelle: (c)Wildes Bayern privat
Danke für die Klageeinreichung, hier gilt es Vieles zu klären!
Vielen Dank für Ihr Engagement!
Ich dürcke Ihnen (und der Natur) die Daumen, dass die Richter*innen Ihnen Recht geben!