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Mittwoch, 08. Mai 2024

08. Mai 2024, 13:03    office@wildes-bayern.de

Rehkitzmarkierung Schweiz gibt interessante Einblicke


Seit über 50 Jahren werden in der Schweiz Rehkitze vor der Mahd gesucht und bei dieser Gelegenheit unter wissenschaftlicher Obhut markiert (Achtung, eine private Markierung von Wildtieren ist nicht erlaubt!). Im Jahr 2023 wurden fast 1200 Kitze markiert, was laut den Organisatoren eine Rekordzahl darstellt.

Aus diesem Projekt fließen auch Daten in eine Doktorandenstudie der Technischen Universität München, die die Unterschiede in den Setzzeitpunkten von Rehgeißen in ganz Europa untersucht. Denn – anders also von einigen Verfechtern eines früheren Jagdzeitbeginns kolportiert – Rehe stellen sich nicht so schnell auf den Klimawandel und seine Folgen für die Vegetation ein, wie man meinen möchte. So hat eine Studie aus dem Jahr 2020 gezeigt, dass Rehgeißen nicht früher setzen, obwohl vielleicht die optimale Pflanzenverfügbarkeit für eine Jungenaufzucht sich zeitlich nach vorne verschoben hat.

Ob diese Frage beantwortbar sein wird, muss sich noch zeigen. Denn das Rehkitz-Markierungsprojekt zeigt auf, wie komplex die Zusammenhänge sind. Denn ein früheres Wachstum des Grases verschiebt natürlich den Zeitpunkt der ersten Mahd nach vorne, somit auch den Beginn der Rehkitzrettung und das Datum der ersten Kitzmarkierung. Das früheste Markierdatum war interessanterweise der 20. April 1976 (110ter Tag im Jahr), im Jahr 2023 lag dieses Ereignis auf dem 2. Mai. Das späteste erste Markierdatum war der 13. Mai (133ter Tag im Jahr), im Jahr 1988.

Die  Markierungsdaten zeigen, dass sich im Mittel der Tag im Jahr, an welchem das erste Kitz markiert wird, über die Jahre nur wenig verändert hat. Dies liegt unter anderem am Zusammenspiel von Frühlingstemperaturen und Niederschlag, welche den Zeitpunkt der ersten Mahd stark beeinflussen – warm und sonnig führt zu früher erster Mahd, kalt und nass zu später erster Mahd.

Geißen in höheren Lagen setzen ihre Kitze später als in tiefen Lagen. Dies führt dazu, dass in Jahren mit guter Witterung die ersten Kitze in tiefen Lagen bereits mit dem ersten Schnitt gefunden werden, in höheren Lagen jedoch noch nicht gesetzt waren und somit  erst viel später beim zweiten Schnitt gefunden wurden. Das führt zu einem großen Unterschied im Zeitpunkt der ersten Kitzmarkierung zwischen Kantonen in tiefen Lagen und den Bergkantonen.

Wenn die schlechte Witterung jedoch zu einer späten ersten Mahd führt, werden in den meisten Kantonen die Kitze bereits mit dem ersten Schnitt gefunden. Somit sind die Unterschiede im Zeitpunkt der ersten Markierung zwischen den Kantonen in solchen Jahren viel kleiner.

Im Jahr 2022 wurden die Wiesen aufgrund schönen Wetters besonders früh ein erstes Mal geschnitten. In tieferen Lagen waren die Kitze dann bereits gesetzt, und das erste Tier wurde deutlich früher markiert als im langjährigen Mittel (bsp. Solothurn, Aargau und Thurgau). Dagegen waren in höheren Lagen die Kitze beim ersten Schnitt noch nicht gesetzt und wurden erst beim zweiten Schnitt markiert, also deutlich später als im Mittel (bsp. Schwyz oder Graubünden).

Im Jahr 2023 wurde aufgrund des kalten, nassen Wetters überall eher spät gemäht, und die Kitze waren in den meisten Kantonen am Tag des ersten Schnitts bereits gesetzt. Daher sind die Unterschiede von Kanton zu Kanton kleiner als im Jahr 2022.

Das  komplexe Zusammenspiel von Wetter, Mahd und Setzzeitpunkt macht es also nicht einfach, die Rehkitzmarkierungsdaten zu nutzen, um den Setzzeitpunkt der Geißen über die Jahre hinweg zu ermitteln. Man darf gespannt sein, was die Doktorarbeit darüber herausfindet.

Denn vollständigen Bericht über die Rehkitzmarkierung in der Schweiz findet Ihr hier




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