Im vergangenen Jahr haben wir unseren Lesern mal Erna, die Waldschnepfe, als Tier der Woche vorgestellt. Jetzt gibt es Neuigkeiten von ihr: Schweizer Federkundler haben entdeckt, dass – bei aller Tarnung, bei allem Braun und Grau und Muster – die Waldschnepfe zugleich auch die weißesten Federn der gesamten Vogelwelt trägt. Und zwar an der Schwanzspitze, wo sie schön zur Geltung gebracht werden, wenn es an die Balz geht, die oft nachts im Mondlicht stattfindet. Wer da am hellsten strahlt, wird wohl auch am meisten beachtet!
Den Link zur Pressemitteilung und wissenschaftlichen Studie der Schweizer Vogelwarte findet Ihr hier
Und das ist unsere ursprüngliche Meldung aus dem letzten Jahr:
Die Waldschnepfe hat äußerlich viel von einer ältlichen Tante Erna. Körperlich etwas plump, mit zu kurzen Beinen und einem unfassbar langen Schnabel, wirkt ihr braun gestreiftes Gefieder wie eine fest liegende grau melierte Dauerwelle. Erna, die Waldschnepfe, hat einen etwas ovalen Kopf, was sie nicht viel hübscher macht. Insgesamt gewinnt man den Eindruck, die ältliche Tante, die man sich gut zwischen Kirschholzmöbeln mit Intarsien, Goldrandtässchen und Bordürengardine vorstellen kann, sei so schrullig und verschroben, dass man sie nicht mehr ernst nehmen müsse.
Aber weit gefehlt – Tante Erna ist ein alter Hase und mit allen Wassern gewaschen. Eine lange Evolution lässt grüßen. Dass sie zum Beispiel die Vielehe praktiziert, während um sie herum selbst zehnmal eindrucksvollere Greifvögel sich der Monogamie unterwerfen, ist nur ein kleines Detail. Ihr eingedellter Kopf hat den Vorteil, dass ihre knopfigen Augen rund 180 Grad Blickwinkel um sich herum erfassen (und alte Tanten wollen ja immer alles mitkriegen). Ein legendärer Trick ist auch das als Verteidigungs-Verhalten gedeutete Daherwackeln der mit ihr verwandten Kanadaschnepfe, das wir Euch unten als Link angehängt haben.
Jägern schlägt Tante Erna noch allemal ein Schnippchen. Als wehrloser Bodenbrüter ist sie vorsichtig, scheu und gut getarnt und wagt sich frühestens zur Dämmerung aus dem Haus. Gerät sie in Gefahr, kann sie einen Zickzack-Flug hinlegen, dem keine Schrotgarbe gewachsen ist. Bei uns in Bayern hat die Waldschnepfe zwar noch eine Jagdzeit zwischen Mitte Oktober und Mitte Januar, aber die wenigsten Jäger wissen damit noch etwas anzufangen. Der „Schnepfenstrich“ ist fester Programmpunkt in der Jägerausbildung, geht danach aber meist im alltäglichen Kampf um Rehwildabschusspläne, Schwarzwildschäden und Rotwildstrecken unter. Wer weiß eigentlich, wie sich das berühmte „Puitzen“ und „Quorren“ wirklich anhört (nämlich ein bisschen wie ein Frosch, der zwischendurch piepst)?
Die Schnepfenjagd ist in Jagdtradition und –kultur fest verankert, die „Malerfeder“ oder der „Schnepfenbart“ sind hoch angesehene Trophäen. Dass allerdings eine exzessive Jagd die Existenz der Art bedrohe, halten wir für ein Gerücht. Da gibt es ganz andere Einflüsse – nicht zuletzt aus der Feder unserer rot-grünen Bundesregierung.
Denn die Waldschnepfe zählt zu jenen Verlierern, die 2022 bei der Einlagerung der Windkraft in unser Bundesnaturschutzgesetz von der Liste der Arten geflogen sind, die vorab zu berücksichtigen sind. Will heißen: Wo eine riesige Baustelle für eine wahnsinnig ökologische Stromanlage in den Wald gedroschen wird, muss auf das Relikt Tante Erna keine Rücksicht mehr genommen werden. So eine Politik kann leider selbst einer noch so gewieften Tante dann schonmal das Genick brechen.
Das herrliche Video “Walk like a Waldschnepfe” mit wissenschaftlichem Begleittext findet Ihr hier
Bildquelle: Wildes Bayern - Tier der Woche: Die Waldschnepfe, (c)Wdwdbot/Popmuseum - Commons Wikimedia.org (Wdwdbot/Popmuseum CC Licensing)