Das Wildkaninchen gehört zwar zur Familie der Hasen, ist mit unserem Feldhasen aber nur „um drei Ecken“ verwandt. Es ist deutlich kleiner und mit bis zu etwas über 2 Kilo um gut die Hälfte leichter als ein Hase (bis 5 Kilo). Von seinen Lebensgewohnheiten her ist das Kaninchen dem Feldhasen höchstens so ähnlich wie ein Cousin – oder noch weiter entfernt. Ein paar Beispiele: Feldhasen setzen ihren Nachwuchs in eine oberflächliche Sasse – Kaninchen leben in einem Bau, was sich in ihrem lateinischen Namenszusatz „cuniculus“ (unterirdischer Gang oder Mine) widerspiegelt. Hier hausen ganze Kolonien gesellig beieinander, die bei Gefahr durch ein Trommeln mit den Hinterpfoten auf den Boden gewarnt werden. Auch der Feldhase „trommelt“ zwar, allerdings mit den Vorderläufen, mit denen er auch mal boxt, um Kraft und Vitalität seines Gegenübers zu testen. Hasen sind langgliedrige, schnelle Läufer mit goldenen Augen – Kaninchen wirken eher mopplig, haben kürzere Beine und dunkle Augen. Droht Gefahr, verschwinden sie einfach im schützenden Bau und messen sich nicht, wie ihr größerer Verwandter, mit dem Feind in Tempo und Geschicklichkeit.
Aber natürlich gibt es auch gemeinsame Gene. Da wäre die vegetarische Ernährung zu nennen und die Eigentümlichkeit, einen so genannten Blinddarmkot zu erzeugen und diesen selbst zu verzehren. Die Verdauung der Hasenartigen funktioniert ganz anders als beim Menschen: Kaninchen stopfen immer wieder Futter nach, und dieser Nachschub schiebt den anverdauten Nahrungsbrei durch den muskellosen Magen hindurch in den Blinddarm. Erst hier werden die Rohfasern aufgespalten und dadurch wertvolle Fettsäuren, Eiweißbestandteile und Vitamine erschlossen. Dieser feuchte, eher glibberige so genannte Blinddarmkot wird von den meisten Tieren nachts ausgeschieden und sofort wieder gefressen. Er sichert die Versorgung der Tiere mit Vitaminen und Eiweißen. Nicht verwertbare Stoffe werden in den übrigen Dickdarmabschnitten zu festen Kotkugeln geformt, die wir dann als „Hasenköttel“ im Feld oder im Kaninchenstall vorfinden.
Die Besonderheit in Ernährung und Verdauung spielt eine große Rolle, wenn Kaninchen als Haustiere gehalten werden. Sie nicht permanent zu füttern, kann ihr Leben gefährden.
Obwohl Kaninchen prinzipiell dieselben Feinde haben wie Feldhasen, also diverse Beutegreifer von Marder bis Uhu, können sie sich unter optimalen Lebensbedingungen zu einer Landplage entwickeln. Das liegt vermutlich an der haseneigenen hohen Fruchtbarkeit, die im Fall des Kaninchens aber viel stärker durchschlägt, weil der Nachwuchs geschützt im Bau aufwächst statt schutzlos im Acker. Kaninchen gönnen sich den „Luxus“, ihre Jungen nackt und blind zur Welt zu bringen, erst nach etwa zehn Tagen öffnen diese die Augen. Mit drei Wochen verlassen sie zum ersten Mal den Bau, mit vier Wochen werden sie von der Muttermilch entwöhnt. Vier Wochen ungestörter Entwicklung, die einem Feldhasen-Jungen nicht vergönnt sind, weil es sich von der ersten Minute an mit der Umwelt auseinandersetzen muss.
Andererseits ist das Kaninchen aufgrund seiner geselligen Lebensweise anfälliger für Seuchen. Die Myxomatose oder China-Seuche raffen gleich die Besätze ganzer Landstriche dahin, und es fällt der Art schwer, sich davon zu erholen.
Bildquelle: Wildes Bayern - Wildtier der Woche - (c)Naturfotografie Hofmann - Wildkaninchen, (c)Naturfotografie Hofmann - Wildkaninchen