Der Streit, ob bestimmte Bäume im Wald zu schützen sind oder für ihr Aufkommen sämtliches Schalenwild dran glauben muss, kocht wie ein giftiger Chemiecocktail zwischen Jägern und Waldbesitzern. Da verliert man ganz aus dem Auge, dass wir nicht die ersten Menschen sind, die sich mit Bäumen und Waldbau beschäftigen. Nein, schon Generationen vor uns haben das getan, und die haben auch beobachtet, was die Natur so tut!
Umso schöner, wenn auch heute noch jemand hinschaut. Waldbesitzer Georg Josef Kanz hat auf seinem Facebook-Account seinen persönlichen Trick vorgestellt, Tannen quasi incognito in seinen Bestand einzubringen: Er verfolgt die Methode “Kuckucksei” und pflanzt sie einfach mitten in Fichten-Naturverjüngung hinein. Das Rehwild, so hat er festgestellt, kommt gar nicht drauf, dass zwischen den wenig attraktiven Fichten ein zuckersüßes Bonbon versteckt ist, und zieht vorbei.
Im Gegenteil: Damit die Fichten nicht schneller wachsen als die gewünschte Tanne in ihrer Mitte, muss Kanz sogar selbst zur Schere greifen. Dass diese Methode viel Aufmerksamkeit und Gespür für den Wald sowie einiges an Arbeitsaufwand erfordert, leugnet Kanz nicht – aber wenn das anders wäre, würde Waldbau wohl nicht Waldbau heißen sondern einfach Wald.
Ähnlich funktioniert die Methode, bei dem eine fürs Wild attraktive Äsungs- oder Fegepflanze mit vielen Ästen unattraktivierer Baumarten ummantelt wird. Stachelige Fichtennadeln halten letztendlich das Wild von einem Verbiss der Tannen ab. Praktiker wissen: In nicht auf gearbeiteten Windwürfen passiert Ähnliches. In dem dichten Verhau wachsen häufig sehr verbissempfindliche Pflanzen, weil sperrige Äste dem Wild den Zugang verwehren.
Auch der Ökologe Frans Vera, dessen Vortrag wir vor Kurzem vorgestellt haben, berichtet von so einem Prinzip: Auf Waldweiden grasen die Herbivoren zwar alles Kraut ab, es setzen sich aber Dornenbüsche, wie Schlehen, durch. Sie kommen auf und bilden dann ein schützendes Nest für junge Baumkeimlinge. Im Schutz der Dornen wachsen dann Eichen auf.
Baumsprößlinge im Schutz anderer Pflanzen aufzuziehen, ist also eine alte Methode – von der Natur abgeschaut. Waldbau à la Dornröschen – natürlich, ökologisch und Ressourcen schonend!
Bildquelle: (c)Wildes_Bayern_Privat_Tanne aus natürlichem Latschenmantel hochwachsend auf Almweide, (c)Wildes Bayern Privat - Tanne aus natürlichem Latschenmantel hochwachsend auf Almweide