UPDATE 17.11.2023: Weitere 10 Jahre Glyphosat – Zulassung verlängert
Die EU hat die Zulassung für den Unkrautvernichtungs-Wirkstoff Glyphosat tatsächlich um weitere 10 Jahre verlängert. Ob Deutschland ein Verbot im Alleingang durchziehen kann, wird momentan bezweifelt, weil mit einer Welle von Klagen dagegen gerechnet werden muss.
Dass an die weitere Zulassung neue Auflagen geknüpft wurden, werten manche Experten als “Eingeständnis” der EU, dass der Wirkstoff eben doch nicht ganz so problemfrei ist.
Mehr Infos zur aktuellen Entscheidung findet Ihr zum Beispiel hier im Beitrag der Tagesschau
UPDATE 21.9.2023: Glyphosat könnte auf Vorschlag der EU wohl für weitere 10 Jahre genehmigt werden, was Deutschland macht, ist aber noch nicht raus – Bericht aus Agrarheute.com
Mit Ablauf Dezember 2023 sollte der Pflanzenschutz-Wirkstoff Glyphosat in Deutschland endgültig verboten sein. So sieht es die letzte diesbezügliche Änderung der Pflanzenschutzmittelverordnung aus dem Jahr 2021 vor. Allerdings passiert auf der EU-Ebene ganz etwas anderes: Dort wird gerade neu bewertet und entschieden, ob der Wirkstoff eine weitere Zulassung bekommt. Die wichtigste Rolle dabei nimmt die EFSA ein, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, und die kommt zu dem Schluss: “Im Hinblick auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt wurden keine kritischen Problembereiche festgestellt.”
Wissenschaftler und auch das Bundesamt für Naturschutz widersprechen dieser Einschätzung immer wieder und sagen, dass einfach nicht genau genug hin geschaut wurde. Neben der Frage, ob Glyphosat für Menschen krebserregend ist (laut EFSA nein), muss eben auch auf die Wirkungen auf andere Lebewesen geschaut werden und auf die ökologischen Netzwerke im Kleinen. Eine Studie der Uni Konstanz an Hummeln zum Beispiel ergab, dass diese bei Verzehr von Glyphosat nicht mehr richtig in der Lage waren, die Temperatur in ihren Nestern so zu regulieren, dass die Brut erfolgreich verlief. Wir haben hier im Blog auch schon über die Auswirkungen auf Honigbienen berichtet, die kaum noch den Weg zurück in ihren Stock finden, wenn sie einen “Glyphosat-Rausch” haben.
Die EFSA selbst spricht nur von “offenen Fragen”, die aus unserer Sicht aber ganz erheblich sind, zum Beispiel: “das Fehlen von Informationen über die Toxizität eines der Bestandteile der zur Bewertung vorgelegten Pestizidformulierung auf der Basis von Glyphosat”. Und: “In Bezug auf Biodiversität stellten die Sachverständigen fest, dass die Risiken im Zusammenhang mit den repräsentativen Verwendungszwecken von Glyphosat komplex und von mehreren Faktoren abhängig sind.” So schwurbelt sie um riesige Themenkomplexe herum.
Die Frage, ob Glyphosat notwendig ist oder nicht, ist generell eine Frage der Bodenbearbeitung. Mit Glyphosat müssen Felder nach dem Winter nicht umgepflügt werden. Statt dessen werden aufkommende Unkräuter einfach vergiftet. Erkennbar ist das daran, wenn ein irgendwie etwas verwildert ausschauender Acker, auf dem zum Beispiel Kamille wächst, so dass man sich denkt, Hasen könnten ihn mögen, weil sie hier blütenreiche Nahrung finden, binnen weniger Tage vergilbt und letztlich nur noch brauner Pflanzenrestematsch darauf liegt. Der Acker sieht dann tatsächlich irgendwie tot und ungesund aus.
Grundsätzlich ist es sicher gut, Böden so wenig zu befahren wie möglich, weil Bodenverdichtung ein riesiges Problem darstellt. Allerdings lockert das Pflügen den Boden ja gerade auf – zwar auf die grobstmögliche Weise, aber unbestreitbar. Und: Es lässt sich nicht beobachten, dass die Maßgabe, Verdichtung zu vermeiden, im Feldbau ansonsten viel Berücksichtigung findet. Gerade die Maisäcker, vor deren Ansaat (spät im Frühjahr, ungefähr Mai) Glyphosat sehr häufig zum Einsatz kommt, werden zur Erntezeit dann so massiv mit schweren Maschinen und Anhängern befahren, dass sie hinterher eher Parkplätzen ähneln als einem Lebensraum für Tiere oder Nahrungspflanzen. Es wäre völlige Augenwischerei, zu glauben, dass der Einsatz des Pflanzenschutzmittels den Böden irgendetwas Gutes tut.
Leider zu wenig Beachtung (zum Beispiel auf der Seite des BMEL) findet die Möglichkeit, einen Glyphosateinsatz, zum Beispiel vor der Maissaat, mit anderen Zwischenfruchtvarianten zu vermeiden. Es gibt Mischungen, die den Acker bedecken und so von Unkraut freihalten. Sie frieren über den Winter ab. Eine Neueinsaat ist dann direkt in die Reste der vorherigen Frucht möglich, was Nährstoffe bewahrt und eine zusätzliche Bodenbearbeitung erspart.
Wirkung von Glyphosat auf Insekten schlimmer als bekannt – Wildes Bayern e.V. (wildes-bayern.de)
Den vollständigen Beitrag über die Konstanzer Studie findet Ihr hier
Hier findet Ihr einen älteren Beitrag des BR über das Thema der damals anstehenden Verlängerung für die Glyphosat-Zulassung
Hier mal einen Beitrag über Insektenschutz durch Mehrfruchtanbau, der aufzeigt, dass es für viele Probleme alternative Lösungen gibt, die aber wenig Gehör finden (anders ist es oft einfacher und billiger)
Und hier findet Ihr hilfreiche Hintergrund-Informationen des Bundesumweltministeriums zum Thema Glyphosat
Bildquelle: (c)Wildes Bayern - Privat