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Samstag, 04. Juni 2022

04. Juni 2022, 06:50    office@wildes-bayern.de

Fußbodenheizung und Schnabelbürste für Bert


Ich glaube, wir haben´s geschafft. Der kleine Bert ist soweit, dass er überleben wird –  mein Mann, Spitzname MacGyver, und ich haben ausreichend Nützliches erfunden. Aber vor allem haben wir ihn nach Beratung mit einer Vogelaufzuchtstation von Plagegeistern befreien müssen. Wie man auf dem Foto am Gefieder sieht, hatte Bert mit Parasiten zu tun und sah wirklich jämmerlich aus! Je nachdem, was sich da ansiedelt, können die kleinen Blutsauger so einen Jungvogel ganz schnell um die Ecke bringen. Wir sind ihnen zum Glück in die Parade gefahren, ohne Bert großartig mit Chemie oder harten Medikamenten bombardieren zu müssen. Das Jucken ließ nach, sein Gefieder wurde auf Dauer dann deutlich besser.

Aber jetzt zu den Erfindungen. Das eine ist die Fußbodenheizung im Käfig. Schon nach den ersten Nächten, in denen ich mehrmals die Wärmflasche erneuerte, bin ich so unleidlich, dass mein Mann verzweifelt nach einem Ausweg zu forschen beginnt. Und er findet ihn: Ein paar Skischuhwärmer, mal wieder ein Relikt aus seiner Jugend, tauchen aus irgendeiner seiner unergründlichen Kisten auf. „Die werden nicht viel wärmer als handwarm“, erklärt er, umwickelt sie noch mit Socken und Isolierschaum und legt sie unten in Berts Käfig. Drüber kommt ein zweiter Boden aus Pappe – fertig ist das Luxusheim! Und damit uns auch ja nix anbrennt, bestellt er flugs noch ein Infrarot-Temperaturmessgerät. (Als ich es sehe, ist mir klar, dass der Vogel hier der willkommene Vorwand war: Das Ding sieht aus wie eine Mischung aus Akkuschrauber und Wasserpistole – da lacht das Männerherz!) Aber das Gerät leistet beste Dienste, indem es uns genau wissen lässt, wo auf dem Käfigboden gerade die wärmste Stelle ist. Da positionieren wir dann Bert´s Camembertschachtel – und bekommen es so hin, dass er jetzt tatsächlich konstant um die lauschige 30 Grad in seinem Nestchen hat.

Entdeckung Nummer zwei ist eine kleine Augenbrauenbürste aus meinem Kosmetikbestand. Denn Bert ist ein Dreckspatz – ungewollterweise. Der Insektenbrei, den wir ihn füttern,verklebt seinen ganzen Schnabel. Vorsichtig, vorsichtig beginne ich, ihn mit dem nassen drahtigen Bürstchen herunterzukratzen. Und Bert lässt es nicht nur zu, er scheint dankbar dafür zu sein. Tapfer hält er dagegen und lässt mich sogar mit dem Fingernagel ein bisschen an den Resten herum puhlen. Später werden wir beobachten, dass er nach dem Futtern immer seinen Schnabel an einem Ast sauberwetzt. Aber dafür ist er jetzt noch zu klein, und wir müssen es erst noch von ihm lernen.

(c)Wildes Bayern – Bert und die Schnabelbürste

Außerdem fange ich langsam an, ihn auch mit Mehlwürmern zu füttern. Die kann man lebend im Zoohandel kaufen. Mit der Folge, dass ich jetzt nicht nur die Bedürfnisse eines Jungvogels, sondern auch die von einem Rudel Würmer erfüllen muss. Sie wollen – so erklärt es mir die Zoo-Fachfrau – ein wenig ausgebreitet in einem flachen Gefäß leben, damit sie sich nicht überhitzen. Ab und zu ein paar Haferflocken und ein paar Raspelflocken von Karotten oder Fetzchen von Salatblättern sind ihr Futter. Dann hausen sie zufrieden auf einem Suppentellerboden und machen nicht die geringsten Anstalten, diesen verlassen zu wollen. (Zum Glück, so lese ich bei Wikipedia, dauert es einige Wochen, bis sie sich verpuppen und dann zu Mehlkäfern werden, die allgemein unter „Vorratsschädlinge“ bekannt sind… Ich muss höllisch aufpassen, nicht ab und zu irgendwo in der Wohnung einen Wurm zu verlieren. Was passieren würde, wenn ich vor unserer Reise vergäße, die Würmer mit einzupacken, mag ich mir gar nicht ausmalen.)

Eigentlich muss man Jungvögel ab einem bestimmten Punkt mit Insekten füttern, sie brauchen auch das Chitin. Aber die zu bekommen, ist eine Sache für sich. Mir wurden im Handel Heimchen angeboten, die für Bert ungefähr so war wie ein ganzes Wildschwein für uns Menschen. Angeblich sortieren Vogelmütter unverdauliche Teile von Insekten, wie den Kopf, gleich mal weg, oder nehmen sogar die Innereien aus. Man muss, so habe ich gelesen, auch schauen, dass man dem Vogel nicht versehentlich lebende Eier von Insekten mitverfüttert, die ihn dann von innen her auffressen können. Pardon, dem war ich nicht gewachsen!

Bert jedenfalls ist begeistert. Er legt eine ziemliche Gier an den Tag und stürzt sich auf die Pinzette wie ein Raubtier.

 

Bert – der sprechende Camembert: Seine Geschichte auf Wildes Bayern e.V.

 

Bildquelle: (c)Wildes Bayern - Bert und die Schnabelbürste, (c)Wildes Bayern privat - Bert und die Schnabelbürste




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