Gestern sind wir mit Bert zurück nachhause gefahren. Er hat das echt tapfer mitgemacht. Immer wenn er getschilpt hat, habe ich angehalten und ihn gefüttert. Aber er musste eben den ganzen Tag im Käfig bleiben – und das, nachdem er ja schon ein bisschen Freiheit geschnuppert hatte.
Also sind bei mir, kaum dass wir zuhause waren, wieder die Sicherungen durchgebrannt. Noch bevor ich meine Wohnung betreten habe, habe ich den Käfig in den Garten geschleppt und geöffnet. Was für eine unverantwortliche Kurzschlussreaktion!
Bert hat einen schönen Aufstieg in den Apfelbaum hingelegt. Da saß er dann erstmal auf einem unteren Ast, kletterte aber schnell immer höher und außer Reichweite. Ich beschloss, entspannt zu bleiben – soll er doch mal, dachte ich mir, packte mein eigenes Zeug aus dem Auto in die Wohnung und ging mit dem Hund spazieren.
Aber dann. Das Kopfkino. Der Jungvogel unvorbereitet allein in der Wildnis. Also stand ich wieder unter dem Apfelbaum und hab gerufen. Bert hat brav geantwortet – von ganz oben aus dem Geäst. Wahrscheinlich traut er sich nicht wieder runter, hab ich mir gedacht, und meinen Nachbarn um seine lange Leiter gebeten. Umsonst! Bert ist oben im Baum um mich herum geflattert, aber ich hab ihn nicht gekriegt.
Also wieder sein lassen. Oder doch noch ein letzter Versuch, kurz vor Dunkelheit? Als mein Mann und ich in den Garten kommen, tschilpt es schon ganz nah aus den unteren Ästen heraus. Und dann das kleine Wunder des Tages: Ich rufe, und Bert kommt total aufgelöst auf mich zu gesegelt und landet auf meinem Arm. Der Hunger ist wohl unser Band. Keine Ahnung, wer erleichterter ist, Vogel oder Mensch…
Bildquelle: (c)Wildes Bayern privat - Bert