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Samstag, 06. Januar 2024

06. Januar 2024, 10:26    office@wildes-bayern.de

UPDATE Schonzeitaufhebung – neue Verordnung wider das Recht?


 

Hier und hier findet Ihr aktuelle Berichte aus der PIRSCH zum Thema der Schonzeitaufhebungsverordnung und des Rechtsstreits darum

Meldung vom 16. Dezember 2024

Freitag, der 13. Dezember, war ein symbolisch schwarzer Tag fürs Bergwild – aber auch für unseren Rechtsstaat. Denn die Regierung von Oberbayern hat an diesem Tag tatsächlich eine Nachfolgeversion der so genannten Schonzeit-Aufhebungs-Verordnung veröffentlicht – und dabei die geltende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einfach ausgeblendet.

In ihrer Äußerung an die Presse stützt die Regierung ihr Vorgehen vielmehr auf ein ehemaliges Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieses existiert allerdings gar nicht mehr, da es im November vom Bundesverwaltungsgericht als höchster Instanz aufgehoben wurde.

Eine ähnlich Form von Realitätsverlust spiegelt auch eine begleitende Pressemitteilung wider, die aus dem Forstministerium kam. Denn darin werden „Gefahren für Leib und Leben“ von Menschen bei Gewährung einer Schonzeit für Wildtiere heraufbeschworen.

Gefahren, die tatsächlich nicht erklärt werden können: Nach wie vor sind die überwiegende Mehrzahl der betroffenen Schonzeitaufhebungen nicht aus Gründen des Objektschutzes ausgewiesen worden. Die drohenden Lawinen und Hochwasserwellen, die von Flächen mit Schonzeit auf Bayern herabstürzen sollen, sind also ein völlig substanzloses Narrativ, das bereits vor Jahrzehnten wissenschaftlich widerlegt wurde.

Äußerlich ist also in keiner Weise erkennbar, dass Oberbayerns höhere Jagdbehörde das Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Kenntnis genommen, ernst genommen und in den kritischen Punkten umgesetzt hätte.

Nicht nur Wildes Bayern plant jetzt erneut einen Normenkontrollantrag. Es bleibt ein äußerst bitterer Nachgeschmack: Selbst wenn die neue Verordnung vermutlich  nicht lange Bestand haben wird, sind der Flurschaden am Rechtsstaat und das Leid der schutzlosen Wildtiere bis dahin enorm.

Hier findet Ihr ein Interview mit Dr. Christine Miller aus dem November zum Thema der Schonzeitaufhebung

Hier ein Beitrag des Bayerischen Rundfunks zum Thema

Hier ein Bericht aus der Abendschau des BR vom 18.12. (Ca ab Minute 9:55)

Hier ein Bericht von Radio Alpenwelle

 

Meldung vom 15. November 2024

Am Freitag hat uns die folgende Nachricht aus dem Wirtschafts- und Jagdministerium erreicht:

„Am Mittwoch, 13. November 2024, haben sich auf Einladung von Jagdminister Hubert Aiwanger die Forstministerin Michaela Kaniber und Umweltminister Thorsten Glauber zur kürzlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Normenkontrollanträgen gegen die Verordnung über die Änderung der Jagdzeiten für Schalenwild in Sanierungsgebieten im Regierungsbezirk Oberbayern aus dem Jahr 2019 und zu den möglichen Auswirkungen für die an der Regierung von Oberbayern in Aufstellung befindliche neuen Verordnung ausgetauscht.

Die Ministerin und die Minister waren sich einig, dass der Erlass einer praxisgerechten und rechtskonformen neuen Verordnung zum Erhalt der Schutzwälder wichtig ist. Es wurde vereinbart, dass die zuständigen Ministerien die an der Regierung von Oberbayern vorliegenden Antragsunterlagen unter Berücksichtigung des Prozesses vor dem Bundesverwaltungsgericht jetzt prüfen, um die Auswirkungen bei einer neuen Verordnung zu berücksichtigen.“

 

Meldung vom 22. Juli 2024

Heute hat die knapp 4-wöchige Auslegungsphase der neuen „Schonzeitverordnung“  begonnen (s. u.). Wildes Bayern war natürlich gleich vor Ort bei der Regierung von Oberbayern, wo man den Entwurf sowie die Karten der Flächen einsehen kann – so jedenfalls hat es die Regierung im Internet angekündigt (s. u.).

Das Haus in der Münchner Maximilianstraße ist allerdings mit Besuchern völlig überfordert und wollte die Wildes Bayern-Vorsitzende erstmal gar nicht reinlassen. „Wir haben hier keinen Besucherverkehr“, wiederholte der Security-Mitarbeiter immer wieder. Davon, dass die Behörde im Internet eine öffentliche Auslegung einer Verordnung angekündigt hat, war ihm und seiner Kollegin am Empfang nichts bekannt. (Dann ging es doch, aber nur mit persönlicher Begleitung bis zur Bibliothek und Herbeirufen der Bibliotheks-Mitarbeiterin.)

Dann die nächste Überraschung: Der ausgelegte Verordnungsentwurf war unvollständig, und die Karten mit den Flächen stimmten auch nicht mit dem schriftlichen Entwurf überein. Und auch die Detailkarten, aus denen sich wenigstens ungefähr eine Gebietsabgrenzung nachvollziehen lässt, waren nirgends zu sehen. Selbst im Entwurf der Verordnung wird auf diese Detailkarten verwiesen.

Ganz ehrlich: Wie sollen sich Fachleute bei so schlampiger Arbeit ein Bild machen und eine fundierte Stellungnahme abgeben können? Der zuständige Mitarbeiter von Referat 10 (Jagd) kam zwar, um unsere Fragen zu beantworten. Doch seine Antworten hörten sich nach ziemlich viel Desinteresse an: Falsche Karten? Ja mei! Fehlende Unterlagen? Ach so!

Bei uns ist der Eindruck entstanden, dass dieses Thema der Schonzeitaufhebungsflächen bei der Regierung von Oberbayern wirklich niemanden interessiert – während sie draußen in den Bergen fürs Wild zu Todesfallen werden. Wildes Bayern wird deshalb nicht locker lassen.

Die Infos und Karten der Regierung von Oberbayern findet Ihr hier

 

Ursprüngliche Meldung vom 19. Juli 2024

Seit über einem Viertel Jahrhundert gibt es jetzt die großflächigen Schonzeitaufhebungen mittels Verordnung  in den bayerischen Alpen. Alle fünf Jahre wird die entsprechende Verordnung erneuert, mit der dann das ganze Jahr hindurch und auch im Februar, März, April (Osterferien!) und Mai  vor allem an ausgeaperten Südhängen auf Gams gejagt werden darf. Hirsch und Reh sind als „Beifang natürlich auch frei.

Wildes Bayern e.V. hat sofort bei In-Kraft-Treten der Verordnung von 2019-2024 Klage dagegen eingereicht. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens der Bayerischen Staatsregierung wird Anfang November beim Bundesverwaltungsgericht fallen.

Doch dann ist die alte Verordnung bereits ausgelaufen. Eine neue Schonzeitaufhebungs-VO „muss“ deshalb her. Wir vom Wilden Bayern wagten ein bisschen Hoffnung: Werden sich die bayerischen Jäger, wird sich der BJV für die Abschaffung des Systems stark machen, das unserem Bergwild die Ruhe im Winter nimmt und schädliche Störung in das sensible Ökosystem vor allem im Hoch- und Spätwinter und im Frühjahr bringt? Ein System, das auch in sensiblen Schutzgebieten fordert, dass dort jede Woche patrouilliert und Tiere geschossen werden?

Immerhin hat das Staatsministerium für Wirtschaft dieses Mal  dafür gesorgt, dass sich die BaySf-Forstbetriebe, die die Schonzeitaufhebungsflächen beantragen, vorher mit den Kreisgruppen des Jagdverbands abstimmen müssen. Bisher wurden derartige Stellungnahmen erst möglich, nachdem ein fertig formulierter Verordnungs-Entwurf von der Regierung von Oberbayern öffentlich ausgelegt wurde.

Greifen diesmal die Jäger den Staatsforsten in die Speichen und halten das Perpetuum mobile der Gamswildvernichtung auf? Wir waren fast schon frohen Mutes, denn immer mehr Jäger haben sich an uns gewandt und zeigten sich entsetzt darüber, was dem Wild und der Natur im Zuge der sogenannten „Schutzwald-Sanierung“ und ihrer Konsequenz, der Schonzeitaufhebung, angetan wird. Der Präsident des Bayerischen Jagdverbandes tönte gar, dass es diesmal einen gemeinsamen Antrag von BJV und BaySF zur  Schonzeitaufhebungs-VO geben wird. Ein gemeinsamer Antrag vielleicht mit 3-4 VO-Flächen statt mit 91 Flächen wie noch 2019. (Dazu kommen dann noch die weiteren Schonzeitaufhebungsflächen, die einzelne Landratsämter ZUSÄTZLICH ausweisen).

Doch weit gefehlt – der ab Montag ausliegende Entwurf beinhaltet immer noch 85 Schonzeitaufhebungsflächen (darunter ein neues Gebiet im Forstbetrieb Schliersee). Und anstelle der insgesamt knapp 26.000 Hektar großen „Wildtier-Freihaltungs-Flächen“ wie in der noch bis Ende des Monats geltenden Verordnung, gibt es im Entwurf zur neuen VO gerade mal etwa 3542 Hektar weniger, also etwas über 13%. Das wollen einige Forstbetriebe dann vermutlich mit kleinen individuellen Schonzeitaufhebungsflächen wett machen, die sie sich von den Landratsämtern genehmigen lassen (Wildes Bayern führt dazu eine Musterklage gegen das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen).

Auf Nachfrage beim Präsidenten des Bayerischen Jagdverbandes, ob das Projekt „Gemeinsamer, abgestimmter Antrag von BaySF und BJV“ dann wohl gescheitert sei, wurde uns versichert, dass die 85 Schonzeitaufhebungsgebiete in Oberbayern mit dem BJV abgestimmt sind. Hat der Landesverband da möglicherweise seine Kreisgruppen richtig ins Leere laufen lassen? Wir werden noch mal genauer nachhaken, denn irgendwie scheinen die Realitäten von BaySF, Jagdpräsident und Jäger etwas gegeneinander verschoben zu sein. Oder, man könnte auch sagen, die leben auf unterschiedlichen Fakten-Planeten.

Wir werden jedenfalls auch zu dieser neuen Verordnung und ihrer Zumutung für Naturschutz, Wildtieren und gesundem Menschenverstand eine entsprechende fachliche Stellungnahme abgeben und dagegen kämpfen. Wie die betroffenen Jäger und Kreisgruppen in Oberbayern weiter vorgehen werden, bleibt abzuwarten.

Wir halten Euch auf dem Laufenden! Wer sich die Karten und Anträge genauer anschauen möchte, kann das ab Montag in den jeweiligen Landratsämtern oder bei der Regierung von Oberbayern tun.

Schonzeitaufhebungsflächen (VO-Flächen) von 2019-2024:

 

 

Bildquelle: Bildschirmfoto 2024-07-19 um 14.15.50, Bild 19.07.24 um 14.19, Bild 19.07.24 um 14.20, Schonzeit_Reg_Obb




Wendt schrieb:


Wieder kuschen Aiwanger, Kaniber, Glauber und Co. vor der mächtigen Waldbauernlobby und belegen erneut eindrucksvoll, dass Deutschland nicht von der Politik, sondern von den Lobbyverbänden regiert wird. Armes Deutschland! Und – vor allem – arme Wildtiere!

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