Abschussplanung? Überflüssig! Unnötige Gängelung durch den Staat! Weg damit! Das waren – überspitzt zusammengefasst – die Botschaften, die vom Landesjägertag am vergangenen Wochenende in Bad Aibling ausgingen. Laut Pressemitteilungen ist er wohl mit der einhelligen Überzeugung zuende gegangen, dass die Abschussplanung (nur auf Rehwild?) ein überflüssiges Regulativ des Staates und somit abzuschaffen ist. Das hat sowohl der zuständige Staatsminister Hubert Aiwanger deutlich gemacht, der dieses Projekt im Rahmen einer Jagdgesetznovelle verfolgt, als auch der Präsident des BJV, Ernst Weidenbusch.
Wildes Bayern teilt diese Ansicht nicht – und zwar aus konkreten fachlichen Gründen. Wir sehen im Wegfall der Kontrolle durch die Unteren Jagdbehörden eine große Gefahr für unser Wild. Denn noch viel stärker als vor rund 20 Jahren, als in Bayern ein Pilotprojekt zur Abschussplanbefreiung durchgeführt wurde, haben die Jagdbehörden heute die wichtige Aufgabe, gerade bei Konflikten zwischen den unterschiedlichen Interessen abzuwägen, ggf. nötige weitere Informationen einzuholen und dann gut begründbar objektiv zu entscheiden.
Den Bescheid wiederum kann ein Betroffener bei Bedarf auch beklagen, wenn er ihm nicht rechtens erscheint. Dieser verwaltungsrechtliche Ablauf ist aus unserer Sicht keineswegs überflüssig, sondern bei all den aufgeheizten und oft rücksichtslos verfolgten Partikularinteressen heute notwendiger denn je. Denn Wildtiere gehören weder dem Jäger noch dem Grundbesitzer. Sie sind, wie es in der Juristensprache heißt, „herrenlos“, das heißt, sie gehören uns allen, und wir alle haben ein Recht darauf, Wildtiere in unserer Landschaft zu haben und erleben zu dürfen. Und wir alle haben die Pflicht, auf einen nachhaltigen, maßvollen und tierschutzgerechten Umgang mit ihnen zu achten. Wo bleibt der Schutz für unsere Wildtiere, wenn Grundeigentümer sich dieser vermeintlich lästigen „betriebswirtschaftlichen Hindernisse“ entledigen wollen? Wo bleiben die Kläger, die bei der mutwilligen oder vorsätzlichen Zerstörung von Sozialstrukturen einschreiten? Wir sehen heute schon am Schwarzwild, was die Abschaffung der Abschusspläne bewirkt – in der Regel Tierleid und noch mehr Schäden!
Fällt der Abschussplan weg, sind Jäger und Jagdgenossen auf sich gestellt. Der Satz „Wo kein Kläger, da kein Richter“ wird in einem neuen Sinne wahr werden, denn wenn man keine Möglichkeit hat, gegen einen schlimmen, negativen, unrechtmäßigen Eingriff zu klagen, dann wird einem auch kein Richter zur Verfügung stehen, um objektiv über die Sache zu entscheiden. Wir sehen zum Beispiel folgende Risiken auf die Jäger zukommen: Eigenbewirtschaftungen können hemmungslos hinlangen, wenn sie das für richtig halten. Waldbesitzer können massiven Druck auf die Jäger ausüben und überhöhte Abschüsse einfordern. Und so weiter.
Leider zeigt sich in unserer Arbeit immer wieder, dass Jäger als Anwälte des Wildes keine starke Position haben. Sie sind in Abhängigkeit von ihren Jagdgenossen, also den Grundeigentümern, verstrickt und wenden sich gerade deshalb nicht selten an Wildes Bayern um Hilfe. Deshalb fordern wir: Abschusspläne beibehalten und sogar noch verfeinern – siehe unsere Position unten!
Meldung vom 26. September 2024
Auf politischer Ebene wird seit einer Weile darüber diskutiert, die Abschusspläne fürs Rehwild zumindest in so genannten „grünen“ Hegegemeinschaften abzuschaffen. Damit soll das Ziel verfolgt werden, die Debatte ums Forstgutachten und die Abschusspläne zu beruhigen.
Aber das wäre bei weitem nicht die einzige Wirkung – deshalb meldet sich Wildes Bayern mit einem Positionspapier zu Wort. Die Frage, wann, wo, wie viel und „wer“ geschossen wird, beeinflusst unsere Wildpopulationen maßgeblich! Sie verändern ihre Raumnutzung und ihr Verhalten (z. B. Tag-/Nachtaktivität), sie reproduzieren mehr oder weniger, sie üben mehr oder weniger Einfluss auf die Äsungspflanzen aus („Schaden“) usw..
Diese Aspekte können bei einer Abschussplanung berücksichtigt und gesteuert werden. Deshalb sind wir der Meinung: Mehr und besser statt weniger! Auch beim Rehwild, das bisher mit Dreijahres-Plänen bejagt wird, sollte man über jährliche Abschusspläne nachdenken. Denn wie so ein Dreijahres-Intervall ausgehen kann, das hat uns schon die Beispielrechnung von Ralph Keller vor längerem hier gezeigt.
Anstatt die in der täglichen Praxis immer weiter ausgehöhlte Abschussplanung ohne seriöse biologische Grundlagen abzuschaffen, muss das Instrument einer fachgerechten und an biologischen und ökologischen Tatsachen orientierten Planung jagdlicher Eingriffe und deren Kontrolle gestärkt werden.
Es ist bemerkenswert, wie die Befürworter einer fachlich fundierten Abschussplanung mit Ignoranz und Inkompetenz über biologisches und ökologisches Grundlagenwissen hinweggehen. Die Vorgabe „Zahl vor Wahl“ gilt in einigen Kreisen, Parteien und Lobbyistengruppen als chic und nicht als das, was sie ist: eine Bankrotterklärung ökologischen Verständnisses und ein Angriff auf Naturschutz und Biodiversität.
Unser Positionspapier zur Abschussplanung findet Ihr hier
… und jetzt?
Da wird wird zwar ausführlich dargelegt, was Abschusspläne erreichen und verhindern sollen, aber woran die Abschusspläne kranken und wie sie aussehen müssen, um das Geforderte erreichen und die aufgezählten Mankos beseitigt zu können – nichts wirklich Habhaftes.
Fazit: Thema ausnahmsweise mal verfehlt!
Lieber Bertram, nicht ganz verfehlt 😉 Die Abschusspläne kranken daran, dass sie leider nicht auf den Fakten zur lebenden Population beruhen. Das haben zum Beispiel schon oberste Gerichte in Österreich angemahnt. Wenn wir uns an die gesetzlichen Vorgaben halten würden, wäre das schon mal die halbe Miete. Die andere Hälfte wäre eine fachliche Überprüfung der „Wunschkonzerte“ bei der Abschussplanung und der Streckenmeldungen
So ist es- danke!