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Mittwoch, 18. Dezember 2024

18. Dezember 2024, 07:57    Christine Miller

Das spannende Beziehungsgeflecht am Kadaver


Die so genannte Aas- oder Kadaverökologie ist für uns vom Wilden Bayern ein unerschöpfliches, spannendes Thema. Es ist ein bisschen so wie bei den Kadavern selbst: Da ist nicht nur interessant, zu beobachten, wer sie nutzt, sondern noch viel mehr, was sich zwischen den einzelnen Nutzern entspinnt und welche Folgen das hat (zum Beispiel Verhaltensänderungen).

Dieter Haas stellt uns dankenswerterweise einen umfangreichen Artikel über Rabenvögel und Aasökologie zur Verfügung, an dem man das wunderbar nachvollziehen kann.

Rabenvögel nutzen Kadaver als nachhaltige Nahrungsquelle auf verschiedene Art. Sie fressen Fleisch und Innereien. Sie sammeln bevorzugt Organmaterial und verstecken so viel wie möglich in Depots. Dabei bevorzugen sie besonders Fett, das energiereicher und viel länger haltbar als Muskelfleisch ist. Zu Beginn der Brutzeit werden regelmäßig auch Haare aus dem Fell der toten Tiere zur Auspolsterung des Nests gesammelt.

Während von oben die Raben- und Greifvögel am Kadaver herumpicken und -zerren (und Fuchs, Dachs, Wildschwein, Maus etc. sich gütlich tun), wandern auch am und unter dem Boden Nutzer zu: Insekten vom Käfer bis zur Wespe oder dem Schmetterling interessieren sich für die Nährstoffe aus dem aufgegebenen Körper.

Sie und ihre Nachkommenschaft werden gleich mit verputzt: Alle Rabenvogelarten nutzen Kerbtiere. Bei Raben- und Nebelkrähe gibt es die meisten Untersuchungen dazu, mit hunderten nachgewiesener Insekten- und Spinnenarten. Aasinsekten und deren Larvenstadien  können dabei ganzjährig als wichtige Nahrungsquelle bedeutsam werden, wie eigene Studien mit Wildkamera-Monitorings seit 17 Jahren in Rabenvogelrevieren um die Schwäbische Alb und im Oberen Donautal belegen.

Aber auch zwischen den Rabenvögeln und größeren Säugetieren bestehen aus dem gemeinsamen Interesse an toten Tieren heraus spannende Verbindungen. Der Kolkrabe als opportunistischer Aasfresser ist historisch vor allem verbunden mit großen Karnivoren, besonders Wölfen, und exzessiven Abfallproduzenten, hauptsächlich den Menschen. So kann er als Standvogel auch arktische Regionen besiedeln.

Im Yellowstone-Nationalpark (USA) nahm der Kolkrabenbestand nach Wiederansiedlung der zuvor ausgerotteten Wölfe drastisch zu. Die Raben begleiten systematisch Wolfsrudel, um von der Beute zu profitieren. Durch ihr auffälliges Verhalten mit spezifischen Rufen finden die Wölfe leichter Beutetiere, besonders auch  Kadaver.

Raben decken mit ihrem überlegenen Flugvermögen sehr große Flächen ab und sind oft die ersten am Aas. Sie beobachten Jäger und reagieren auf Schüsse, finden so auch versteckt im Wald deponierten Wildaufbruch, der dann auch leichter für Großgreifvögel auffindbar wird.

Große wilde Säugetiere und Großgreifvögel mit Beute werden ganzjährig häufig von Rabenvögeln, hauptsächlich von Corvus-Arten, Dohlen und Elstern eskortiert. Große Weidetiere werden häufig direkt angeflogen, was von den Tieren meist gut toleriert wird. Die Vögel befreien häufig von lästigen Blutsaugern wie Zecken und Bremsen, und ernten im Frühjahr beim Fellwechsel auch gerne Reste der Winterwolle zur Auspolsterung der Nestmulde.

Wer noch mehr über das spannende Thema „Rabenvögel und Aasökologie“ lesen will, der kann hier den umfang- und wissensreichen Artikel von Dieter Haas herunterladen. Vielen herzlichen Dank an den Autor für die Überlassung!

Bildquelle: Dieter Haas




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