Wie wir inzwischen erfahren haben, ist das absurde Begehren, eine Wildbrücke zum Solarpark umzufunktionieren, offenbar nicht mal neu. In Bad Bentheim in Niedersachsen jedenfalls hat sich der FDP-Ortsverband schon im vergangenen Jahr einmal dazu positionieren müssen. Die hervorragende fachliche Stellungnahme findet Ihr hier
Und noch ein wichtiger Beitrag: Im aktuellen Schnellbrief des Informationsdienstes Umweltrecht (IDUR) findet sich ein sehr guter Beitrag zu dem Thema, wie im Vorfeld von Baumaßnahmen umweltrechtliche Aufnahmen zu gestalten sind. Es genügt eben nicht, wie in vielen Fällen geschehen, mal schnell ein Gutachten voller Allgemeinplätze aus dem Ärmel zu zaubern. Der IDUR schreibt über eine entsprechende juristische Entscheidung:
„Das Gericht findet erstaunlich klare Worte bezüglich der Anforderungen an die Bestandsaufnahme und die Ausweisung von Ausweichhabitaten. (…) So muss sich die Bestandsaufnahme der betroffenen Arten an sachlichen Kriterien orientieren, die sich aufgrund technischen Fortschritts und naturwissenschaftlicher Erkenntnisse fortentwickeln. Die hervorgehobenen Faktoren machen deutlich, dass die Begehung gewissen technischen und naturwissenschaftlichen Standards entsprechen muss, und dass im hierauf gestützten Umweltbericht oberflächliche, floskelhafte oder kaum nachvollziehbare Ausführungen nicht ausreichen. Für die Praxis bedeutet dies, dass die zuständigen Behörden und Vorhabenträger mehr Zeit in die Bestandsaufnahme investieren müssen, um ihren Pflichten nachzukommen.“
Den vollständigen IDUR Schnellbrief Nr. 249 vom März/April 2025 könnt Ihr hier einsehen
Meldung vom 20. Juni 2025
Das Rotwild in Deutschland steht gerade im Südwesten nachgewiesenermaßen vor einem genetischen Tiefpunkt – doch immer noch gibt es Politiker, die meinen, man müsse auf die Art keine Rücksicht nehmen, schlimmer noch, man könne ihr hier und da noch Lebensraum streitig machen.
So soll jetzt auf einer Wildtierbrücke im Saarland eine Solaranlage entstehen. Der dortige Landkreis Merzig-Wadern ist für saarländische Verhältnisse ein vergleichsweise dünn besiedelter Landstrich. Hier konnte sich eine länderübergreifende gemeinsame Rotwild-Population mit dem benachbarten Rheinland-Pfalz im Landkreis Trier-Saarburg erhalten (mehr dazu im unten verlinkten Text der Vereinigung der Jäger des Saarlands).
Über den Tunnel Pellinger Berg verläuft die einzige Wildquerungshilfe im Saarland. Sie zeichnet sich durch eine hohe Funktionalität und hohe Durchlässigkeit und eine günstige Einbindung in die Naturlandschaft aus und erhielt in der Vergangenheit das Prädikat einer vollwertigen Wildtierpassage. Das Bundesamt für Naturschutz bezeichnet sie als Verbundachse von hoher nationaler Bedeutung. Doch was macht die Politik?
Die Gemeinde Mettlach plant auf der Tunneldecke die Errichtung einer PV-Freiflächenanlage und zäunt die Wildquerung damit weitgehend ein. Ein aktuelles wildökologisches Gutachten des Instituts für Tierökologie bestätigt den Verlust der herausragenden Bedeutung für Großsäuger. Hierdurch wird die einzige Verbundachse, um als Rothirsch aus dem Saarland in Richtung Frankreich wandern zu können, unterbunden.
Ein erstes Opfer hat der neue Weg bereits gefordert. Diese Maßnahme ist aus unserer Sicht an Absurdität und Naturfeindlichkeit nicht zu überbieten.
Die vollständige, umfangreiche Pressemitteilung der Vereinigung der Jäger des Saarlandes findet Ihr hier
Die Wildquerungshilfe, und rot umrandet: der neue Solarpark
Karte der Rotwildvorkommen und ihrer Verbindung im Saarland
Hier außerdem eine Pressemitteilung der Deutschen Wildtier Stiftung zu dem Thema:
„Autofahrer, die viel im Saarland unterwegs sind, kennen vermutlich den rund 600 Meter langen Autobahntunnel Pellinger Berg – er ist Teil der Autobahn 8 und befindet sich in der Nähe der luxemburgischen Grenze. Über den begrünten Tunnelrücken wandern Wildtiere, allen voran Rothirsche, nach Frankreich und wieder zurück nach Deutschland. Wiesen, Hecken, Gehölze und Waldbänder bilden für sie die leitenden Strukturen. Der Abschnitt der A8 ist damit Teil einer noch verbliebenen lückenlosen Verbindung zwischen dem saarländischen Hochwald und dem französischen Massif de la Canner.
Nun ist genau auf diesem Tunnelrücken der Bau einer rund 29 Hektar großen Freiflächen-Photovoltaikanlage geplant – der sogenannte „Solarpark Wehingen“ in der Gemeinde Mettlach. Die Deutsche Wildtier Stiftung und der Deutsche Jagdverband (DJV) protestieren gegen dieses Vorhaben. „Käme der Park tatsächlich, wären vor allem die Rothirsche ausgebremst, denn eine alternative Wanderroute werden sie nicht finden“, sagt Dr. Andreas Kinser, Leiter Natur- und Artenschutz bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Der Solarpark würde die letzte durchgängige Verbindung zwischen dem Saarland und Frankreich unterbrechen – mit gravierenden Folgen für den genetischen Austausch der Rothirsche. Immer mehr aktuelle Studien weisen auf den dramatischen Verlust der genetischen Vielfalt und damit der Anpassungsfähigkeit von Rothirschen hin. Durch den „Solarpark Wehingen“ würden Inzucht und Krankheiten weiter zunehmen. Josef Schneider, DJV-Präsidiumsmitglied aus dem Saarland, sagt: „Dieser überregional bedeutsame Wanderkorridor wurde außerdem mit Steuermitteln geschaffen. Ein Solarpark wäre eine unüberwindbare Barriere für Tiere – was für ein törichter Schildbürgerstreich.“
Laut Planung soll das Gebiet des „Solarparks Wehingen“ mit zahlreichen Solar-Modulen bestückt und wilddicht eingezäunt werden – mit bis zu 3,5 Meter hohe Konstruktionen, die sich beidseitig über das Ostportal des Autobahntunnels erstrecken. Damit gingen 60 bis 70 Prozent der nutzbaren Breite der alten Wildtierpassage verloren, warnen Gutachter. Hinzu kämen Störungen durch Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten.
„Wir begrüßen den Ausbau erneuerbarer Energien zwar ausdrücklich. Gerade Solarparks bieten Potenzial für eine wildtierfreundliche Gestaltung. Aber am Tunnel Pellinger Berg funktioniert es so nicht“, sagt Kinser. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert beim Bau von Solarparks mehr Rücksicht auf Wildtiere: In ihrem Positionspapier Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Artenschutz zeigt sie, wie Solarparks in einer Kulturlandschaft funktionieren können. Die Anlagen sollten beispielsweise so gestaltet sein, dass sie keine Barrieren für Wildtiere darstellen. Vor allem Umzäunungen zerschneiden die Landschaft und schaden wandernden Wildtierarten wie dem Rothirsch. Zudem muss ein Effekt von Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf die sie umgebenden Ökosysteme noch intensiver untersucht werden. „Es kann nicht sein, dass in Ausschüssen die Blendwirkung von Photovoltaikanlagen auf den Straßenverkehr diskutiert wird, wildtiersichere Wege aber völlig außen vor bleiben“, sagt Kinser.“
Die Pressemeldung des Deutschen Jagdverbands zu diesem Thema findet Ihr hier
Bildquelle: S. Schmitt, Rotwildhegegemeinschaft, Geoportal Saarland
Eine unverantwortliche Handlung von der Politik. Es müssen verstärkt Proteste von den Bürgern kommen.