Dass das Leben in einem unterirdischen Bau für Tiere gewisse Vorteile hat, liegt auf der Hand. Siehe Fuchs oder Dachs: Sie leben verborgen und ziehen ihre Jungen, die blind und fast nackt zur Welt kommen, die erste Zeit in dem geschützten Umfeld auf, bis sie fit genug sind, der Welt in die Augen zu schauen. Andere Arten, wie das Murmeltier, überstehend die gesamte „schlechte“ Jahreszeit, den Winter, schlafend im Boden. Jetzt haben Wissenschaftler sich die Lebensweise so genannter grabender Säugetiere mal im großen Zusammenhang angeschaut, auch historisch, und haben festgestellt: Graben war nicht nur eine äußerst erfolgreiche Evolutionsstrategie, sondern könnte sich auch in Zukunft im Angesicht des Klimawandels als günstig erweisen.
Die Forschenden der Philipps-Universität Marburg um die Biolog*innen Dr. Stefan Pinkert und Prof. Dr. Nina Farwig zeigen in einer neuen Studie, dass grabende Tiere überdurchschnittlich artenreich in kalten, wenig produktiven und saisonalen Klimazonen sind. Damit weichen sie nicht nur von der Norm ab, sondern reagieren sogar entgegengesetzt zu nicht-grabenden Säugetierarten. In der Evolutionsgeschichte der Säugetiere kam es gerade in Zeiten großer klimatischer Umbrüche zu einer markanten Zunahme von grabenden Gruppen, wie die Forschenden in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Current Biology“ berichten.
Das Forschungsteam analysierte hierfür die Lebensweise und Verbreitung von über 4.400 Säugetierarten (ohne Fledermäuse) weltweit sowie deren Diversifikation im Verlauf der Evolutionsgeschichte der Säugetiere. Hierbei stellten sie fest, dass besonders grabende Gruppen zum Beispiel das Massenaussterben vor 66 Millionen Jahren überlebten, das zum Beispiel die Dinosaurier vernichtete. Die Erdbewohner legten damit die Grundlage für den weltweiten Siegeszug der Säugetiere. Auch während späterer Kaltzeiten kam es zu einer verstärkten Ausbreitung dieser Tiere, und es entstanden besonders viele evolutionäre Linien von grabenden Säugern.
Die Studie zeigt, dass heute mindestens 40 Prozent aller landlebenden Säugetiere grabend leben. Das nutzt nicht nur ihnen selbst: Ihre Grabaktivität verbessert die Bodenstruktur, beeinflusst Wasserflüsse und schafft Rückzugsorte für zahlreiche andere Arten, so die Forscher. Dies macht sie nicht nur zu einem zentralen Bestandteil vieler Ökosysteme, sondern könnte auch eine wichtige Rolle in der Widerstandsfähigkeit von Landschaften gegenüber dem Klimawandel spielen. Sie schlagen deshalb vor, dass Verhaltensweisen wie das Graben in Zukunft stärker in Biodiversitätsprognosen und Schutzstrategien einbezogen werden sollten.
Die vollständige Studie in englischer Sprache findet Ihr hier
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