Sachsen und Brandenburg haben inzwischen mehrjährige Erfahrung mit dem Vorkommen der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Zu den Gegenmaßnahmen gehören intensive Bejagung, Fallenfang sowie umfangreiche Zäunungen der Landschaft. Prof. Sven Herzog von der Wildökologie an der Technischen Universität hat die Erkenntnisse in einem hervorragenden Beitrag ausgewertet und zusammengefasst.
Auch er hält unter anderem fest, dass die Verbreitung des Virus durch den Menschen eine entscheidende Rolle spielt. Und er beleuchtet kritisch die ökologischen Auswirkungen der Zäune.
Den Beitrag von Prof. Herzog könnt Ihr hier nachlesen
Und hier kommt Ihr zum YouTube-Kanal der Wildökologie der TU Dresden, wo immer wieder sehenswerte Beiträge laufen
Tut das Land Hessen schon alles, um eine Verschleppung der ASP möglichst zu vermeiden? Vom hessischen Kreisjagdverband des Lahn-Dill-Kreises hören wir, dass dieser sich momentan beim Ministerpräsidenten dafür einsetzt, dass Jäger auch dann eine finanzielle Aufwandsentschädigung bekommen sollten, wenn sie gesund erlegtes Wild beproben lassen. Ein solches, landesweit angelegtes Monitoring kann die ASP-Prävention nochmal deutlich stärken, indem kranke Schweine frühzeitig entdeckt werden, noch bevor sie auffällig sind oder sterben.
Die Jäger lassen die Sauen, die sie erlegt haben, ohne dass diese Krankheitszeichen hatten, bereits jetzt beproben, erhalten dafür aber keine Entschädigung. Das ist paradox, wenn man bedenkt, dass sie sehr wohl 50 Euro erhalten, wenn die Sau schon schwer krank oder tot ist – also dann, wenn die ASP manifest ist und genügend Zeit hatte, sich auszubreiten! Selbst bei Unfallwild greift die Prämie – und ausgerechnet bei der jetzt so wichtigen vorbeugenden Untersuchung auf ASP sollte das nicht der Fall sein? Es macht keinen Sinn, finden auch wir. Zumal das Landwirtschaftsministerium den Jägern die Beprobung von gesund erlegten Wildschweinen ja nahelegt und ihnen über die Veterinärämter auch die entsprechenden Probenahmesets zur Verfügung stellt.
Ursprüngliche Meldung vom 17. Juni 2024
In Hessen ist bei einem Wildschwein die Afrikanische Schweinepest (ASP) nachgewiesen worden – und wir machen uns allergrößte Sorgen, dass jetzt die Hatz auf die Schwarzkittel nochmal intensiviert werden könnte. Schon jetzt haben Wildschweine in Bayern keine Schonzeit mehr und dürfen Tag und Nacht mit entsprechender Technik erlegt werden. Gejagt werden sie mit sehr geringen Einschränkungen, also so ziemlich nach dem Motto: „Nur ein totes Schwein ist ein gutes Schwein.“
Dabei ist schon lange und auch wissenschaftlich erwiesen, dass die Verbreitung der Seuche NICHT durch die Wildtiere erfolgt, sondern durch den Menschen. „Das Einschleppungsrisiko wird in ganz Europa vom Hauptvektor Mensch dominiert“, schreibt zum Beispiel Ulf Hohmann in der Zusammenfassung einer aktuellen Studie aus Rheinland-Pfalz. Dort haben Wissenschaftler 2022 untersucht, wie gut die schon 2017 festgelegten ASP-Schutzmaßnahmen an Parkplätzen und Autobahn-Raststätten fruchten. Bei diesen vorbeugenden Maßnahmen ist das Ziel, die Menschen über die Gefahr zu informieren, wenn sie zum Beispiel Wurstsemmeln oder andere Essensreste achtlos in der Natur entsorgen – so kann das Virus verbreitet werden. Zweites Ziel ist es, die Rastanlagen gut mit Mülleimern zu bestücken, so dass die Menschen gar nicht erst eine Semmel ins Gebüsch werfen müssen. Drittes Ziel ist es, die Raststätten möglichst von der umgebenden Natur und Tierwelt abzuschotten. Dazu gibt es hohe Zäune.
Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchung in Rheinland-Pfalz: Viele Verkehrsadern sind fast völlig ungeschützt! Das ASP-Schutzkonzept wurde bei den in der Studie untersuchten 27 Parkplätzen und 48 Parkmöglichkeiten an Autobahnen offenbar überhaupt nicht ernsthaft verfolgt und kontrolliert. Auf viel zu vielen Parkplätzen an Bundesstraßen fanden sich keine Mülleimer, keine Warnschilder oder gar keine Zäune. Bei denen, wo es Zäune gab, standen zum Teil Durchlasstore offen. Das war auch bei Rastanlagen der Fall, wo es auch solche mit überhaupt defekten Zäunen gab. Die Forscher schreiben in einer Zusammenfassung: „Unsere Recherchen auch in anderen Bundesländern deuten darauf hin, dass bundesweit von den Fernstraßen ein hohes ASP-Eintragsrisiko ausgeht.“
Da kommt es uns schon seltsam vor, wenn der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber irgendwie blindlings weiter an die Jäger appelliert, noch mehr Wildschweine zu schießen. Wir fordern: Erstmal die Hausaufgaben machen und das ASP-Konzept entlang der großen Verkehrsadern wirklich dicht machen, bevor auch nur ein Wildschwein für diesen Irrglauben sterben muss!